Ackermann übt Selbstkritik
Der Ex-Bankenchef plädiert für mehr Fairness und Engagement.
Das Thema von Josef Ackermanns Vortrag am «Tages-Anzeiger»-Meeting war die «Entfremdung zwischen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft». Der einstige Chef der Deutschen Bank und kurzzeitiger Verwaltungsratspräsident des Zürich-Versicherungs-Konzerns bestätigte die oft geäusserte Wahrnehmung einer allgemeinen Verunsicherung in der Schweiz. Die Entfremdung der Bevölkerung gegenüber den Eliten gehe auch auf das Versagen von Letzteren zurück. Als Beispiel dafür nannte er selbstkritisch den Vertrauensverlust, den sich seine eigene Branche, der Finanzsektor, in den vergangenen Jahren zuschulden kommen liess. Doch ganz generell hätten sich Wirtschaft und Politik in der Schweiz im Krisenmanagement schlecht bewährt.
Der Vertrauensverlust habe aber auch Ursachen, die nicht nur in der Schweiz lägen. Ackermann nannte dafür fünf Megatrends: Globalisierung, Migration, digitale Revolution, Urbanisierung und Individualisierung. Die Globalisierung führe zu einem «gefühlten Verlust» von Autonomie und Sicherheit. Die Migration wecke die Ängste vor Fremdbestimmung noch zusätzlich. Sowohl die Globalisierung, wie auch die Migration drohten die nationale Identität zu untergraben. Die Urbanisierung – das Wachstum der Städte – führe zu einer Polarisierung zwischen Stadt, Land und der Agglomeration, die Digitalisierung zu einem rasend schnellen Strukturwandel. Allen Trends sei gemein, dass sie zu einem Rückzug ins Private und zu einem fehlenden Engagement für die Gemeinschaft führen würden. Ein Trend, der für die Schweiz schwer wiegt, da sie stark auf dem Milizgedanken basiert.