Ehrenrettung für die Dinosaurier Europas
Die berühmten Skelette aus Amerika sind nicht besser – nur besser vermarktet. Das sagt Hans-Jakob Siber, der Direktor des Sauriermuseums Aathal, und er will dies mit einer neuen Ausstellung ändern.
Von Walter Sturzenegger Seegräben –Wo bleibt der Stegosaurier? Das sieben Meter lange frei stehende Skelett aus Portugal hätte schon Ende 2010 im Sauriermuseum Aathal eintreffen müssen. Kurz vor der Eröffnung der neuen Spezialausstellung über die Dinosaurier Europas am Freitag wartet Hans-Jakob Siber noch immer auf sein liebstes Stück. «So geschwitzt habe ich noch nie», sagt der Museumsdirektor. «Diese Sonderausstellung ist etwas vom Komplexesten, Aufwendigsten und Teuersten, was ich je angepackt habe.» Aus der Ruhe bringen lässt sich Siber allerdings nicht. Er wusste, auf was er sich einliess, als er sich vor einem Jahr entschied, die europäischen Saurier ins Rampenlicht zu zerren: Pionierarbeit. Zwar wurden in England schon vor 150 Jahren die ersten Saurierfossilien ausgegraben. Doch die Forscher arbeiteten im Stillen. Europa fristete neben Amerika ein Schattendasein. «Die Amerikaner machten aus weniger tollem Fundmaterial viel mehr», sagt Siber. «Sie zögerten nicht, Skelette grosszügig zu vervollständigen und in Szene zu setzen.» Das lockte Fotografen und Filmemacher an und machte die amerikanischen Saurier weltberühmt. In Europa dagegen musste Siber erst Präparatoren suchen, die aus Fundstücken attraktive Ausstellungsobjekte machten. «Oft sind das Prototypen, hergestellt von Leuten, die noch nie so etwas geschaffen haben.» Die Tücken der Pioniertat Seine Lieferanten hätten die Produktionszeit arg unterschätzt, sagt Siber. «Vor einem Monat waren zehn von zwölf Lieferanten in Verzug – so etwas ist mir noch nie passiert.» Einige Wunschexponate musste er sogar ganz fallen lassen und durch andere ersetzen. Trotzdem ist er zufrieden mit der Ausbeute. Aus Portugal nach Aathal gebracht hat er neben dem Stegosaurier auch einen Schädel des grössten europäischen Raubdinosauriers und ein Armskelett eines riesigen Sauropoden, der so viel wog wie acht Elefanten zusammen. Dazu kommen ein Zwerg-Langhalsdino aus Deutschland, ein Pflanzenfresser aus Frankreich und ein mittelgrosser Raubdino aus England. Die ursprünglich kleiner geplante Ausstellung wuchs so stark, dass der Platz knapp wurde. Dabei hatte Siber einiges unternommen, um die Ausstellungsfläche in seinem Museum zu vergrössern. Er opferte seinen Konferenzraum, und er verkleinerte seinen Stein-Basar auf ein Drittel. Trotzdem wälzt er noch weitere Ausbaupläne. «Im Keller ist noch Platz», sagt er nach ersten Abklärungen, «aber die Kosten wären doppelt so hoch wie erwartet.»Teurer als erwartet wird auch die neue Spezialausstellung. Er habe den Überblick etwas verloren, räumt Siber ein. Budgetiert seien 300 000 Franken – doppelt so viel, wie die letztjährige Ausstellung gekostet hat. 150 000 Franken bringt das Museum auf, ein Dutzend Sponsoren finanzieren den Rest. «Wir sind positiv überrascht, wie viel Geld wir trotz schwieriger Wirtschaftslage zusammengebracht haben», sagt Siber. Hoffen auf Hilfe vom Staat Er ist stolz darauf, dass sein Sauriermuseum seit 20 Jahren ohne Staatsbeiträge auskommt und immer wieder für Aufsehen sorgt. Doch jetzt wünscht auch er sich «den Kanton als Hauptsponsor». Andere naturhistorische Museen wie jenes in Solothurn hätten mit vergleichbaren Besucherzahlen (jährlich 85 000) einen finanziellen Deckungsgrad von bloss 30 Prozent erreicht, rechnet er vor. Für den Rest komme die Öffentlichkeit auf. Als Gegenleistung für finanzielle Unterstützung würde Siber den Schulen Gratiseintritt gewähren. Ein Kantonsbeitrag von jährlich 200 000 bis 300 000 Franken würde künftige Spezialausstellungen sichern, aber auch das Museum als Ganzes. Siber, mittlerweile 68-jährig, überlegt sich, wie er mittelfristig seine Nachfolge regeln kann. «Ich müsste jemanden einarbeiten, doch unser Budget lässt es nicht zu, ein Vizedirektorengehalt zu zahlen.» Vorerst denkt er aber nur an die Vernissage und die Eröffnung seiner neuen Spezialausstellung. Auf seinem Kontrollgang durchs Museum erfährt er von einer Mitarbeiterin Erfreuliches: Der Lastwagen mit dem Stegosaurier aus Portugal und zwei weiteren wichtigen Exponaten ist eingetroffen. Der Transport war am Zoll wegen eines fehlenden Papiers aufgehalten worden. «Das gibt Nachtarbeit», sagt Siber. Was ihn aber nicht stört. «Hauptsache, ich habe jetzt alle Exponate.» Hans-Jakob Siber montiert den Schädel an einem der Exponate. Foto: TA
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