Kampf um Symbol
Ein 1600-jähriges Kloster in der Türkei soll enteignet werden. Gegen 1000 in der Schweiz lebende Assyrer haben sich am Samstag für Minderheitenrechte in der Türkei und den Erhalt ihres geistigen Zentrums eingesetzt.
Bei flüchtigem Hinsehen könnte man meinen, auf dem Waisenhausplatz sei eine kurdische Demonstration im Gang. «Hoch die internationale Solidarität», tönts aus einem Megafon. Junge Männer und Frauen schwenken rote Fahnen. Es sind aber keine Kurden, sondern Angehörige einer anderen türkischen Minderheit: Suryoye, auch Aramäer, Assyrer oder Chaldäer genannt. Sie führen ihre Kirche auf den Jünger Johannes zurück und verstehen sich somit als originäre Christen. Ihr Oberhaupt, der Syrisch-Orthodoxe Patriarch von Antiochien und dem ganzen Osten, sitzt in Damaskus.Geistliches Zentrum in GefahrAn der Solidaritätskundgebung geht es um das Kloster St. Gabriel im Südosten der Türkei. Seit dem Jahr 397 existiert es, weit länger als berühmte Klöster wie Berg Athos oder St. Katharina im Sinai. Derzeit ist es in einen Gerichtshandel mit umliegenden Gemeinden verwickelt. Es soll sich Wälder und Ländereien angeeignet haben, Kinder missioniert und die Einheit des Türkentums geschädigt haben, so lauten einige der Vorwürfe gegen das Kloster.Vorwand gegen MinderheitEs seien haltlose Vorwürfe, hatte der Metropolit der Erzdiözese Schweiz und Österreich, der in Arth SZ residierende Erzbischof Mor Dionysius Isa Gürbüz, im Vorfeld der Kundgebung gesagt («Bund» vom Samstag). «Unser Eigentum ist gut dokumentiert.» Türkische nationalistisch-islamistische Kreise führten aus Hass gegen Andersgläubige eine «schmutzige Kampagne» gegen das geistige Zentrum. Leider komme der türkische Staat seiner Pflicht nicht nach, die Rechte der Minderheiten zu schützen. Viele eingeschüchterte Assyrer seien weggezogen – nach Istanbul oder nach Europa. Die alteingesessene christliche Minderheit in der Türkei sei in ähnlicher Weise gefährdet wie jene in Irak, so der Erzbischof.In eisiger Kälte harrt die Menschenmenge auf dem Waisenhausplatz aus. Eine junge Frau ruft ins Mikrofon: «Das Kloster ist für uns ein Symbol wie die Freiheitsstatue.» Dann singen die Demonstranten unter Leitung des Erzbischofs das Gebet «Vaterunser» – auf Aramäisch, der Sprache also, in der Jesus zu seinen Jüngern gesprochen hatte. >
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