Dem Urknall auf den Fersen
Wissenschaftlern am Cern ist es gelungen, Antimaterie dingfest zu machen. Deren Erforschung soll Aufschluss darüber geben, wie alles anfing.

Forschern am Cern in Genf ist es gelungen, Antimaterie herzustellen und fast 17 Minuten lang zu speichern. Damit lässt sich die rätselhafte Substanz endlich detailliert untersuchen. Die Forscher erhoffen sich davon auch Hinweise auf die Entstehung des Weltalls. «Wir können Antiwasserstoffatome für 1000 Sekunden gefangen halten», sagte Jeffrey Hangst von der dänischen Universität Aarhus, der Sprecher des ALPHA-Experiments am Cern laut einer Mitteilung des Kernforschungszentrums. Das sei lange genug für detaillierte Untersuchungen der Teilchen.
Antimaterie ist ein Spiegelbild der uns bekannten Materie. Sie gleicht der Materie exakt, hat aber entgegengesetzte Ladungen. So besteht ein Wasserstoffatom aus einem positiv geladenen Proton und einem negativ geladenen Elektron. Ein Antiwasserstoffatom dagegen besteht aus einem negativen Proton (Antiproton) und einem positiven Elektron (Positron).
Eine Jahrmillionen alte Paarbeziehung
Treffen Materie und Antimaterie aufeinander, vernichten sie sich gegenseitig und produzieren dabei grosse Mengen Energie. Physiker gehen davon aus, dass dies vor rund 13,7 Milliarden Jahren in riesigem Ausmass passiert ist: Beim Urknall wurde damals nämlich gleich viel Antimaterie wie Materie gebildet.
Weshalb danach offensichtlich alle Antimaterie vernichtet wurde, die Materie aber nicht, ist eines der grossen Rätsel der Physik. Die Forscher am Cern hoffen, durch die genaue Analyse der von ihnen produzierten Antiwasserstoffteilchen diesem Rätsel auf die Spur zu kommen.
Erstmals hergestellt wurden Antiwasserstoffatome bereits im Jahr 1995, ebenfalls am Cern. Weil die fragilen Teilchen aber überall auf normale Materie treffen, verschwanden sie augenblicklich wieder. Erst im vergangenen Jahr gelang den Wissenschaftlern im Cern ein Durchbruch.
Den Rätseln der Antimaterie auf der Spur
In einem starken Magnetfeld gelang es ihnen damals, 38 Atome für 0,17 Sekunden «am Leben» zu halten. Nun haben sie ihre Methode noch einmal deutlich verbessert, wie sie im Fachmagazin «Nature Physics» berichten: 309 Antiwasserstoffatome blieben nun über 1000 Sekunden lang unversehrt.
Laut dem Cern werden die Wissenschaftler nun versuchen, mit diesem System diverse Fragen rund um die rätselhafte Antimaterie zu klären. Zum Beispiel wollen die Physiker untersuchen, ob auf die Antimaterie die normale Gravitationskraft wirkt oder aber eine so genannte Antigravitation, also eine Abstossung von Massen.
Interessiert sind die Forscher auch an der Frage, ob die Antiteilchen den verschiedenen physikalischen Symmetrie-Gesetzen gehorchen, wie die normale Materie. Bei diesen Symmetrien geht es darum, unter welchen Umständen normale Materie in Antimaterie umgewandelt werden kann.
Auch im Weltall wird gesucht
Den ersten Schritt planen die Forscher noch in diesem Jahr: Sie wollen die Antiwasserstoffteilchen mit Mikrowellen beleuchten. Damit wollen sie bestimmen, ob die Antiteilchen dieselben Frequenzen (respektive Energiespekten) absorbieren wie ihre Materie-Verwandten.
Nicht nur auf der Erde suchen Physiker nach Antimaterie. Eben hat die US-Weltraumbehörde Nasa einen Teilchendetektor zur Raumstation ISS gebracht, von dem sich Forscher Hinweise auf die mysteriösen Teilchen im Weltraum erhoffen. An dem Gerät namens AMS sind auch das Cern, die Universität Genf und die ETH Zürich beteiligt.
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