Die Ammann-Gruppe führte von 1996 bis 2009 eine Finanztochter auf der Kanalinsel Jersey mit einem Vermögen von 150 bis 263 Millionen Franken («Bund» vom Donnerstag). Diese Tochter hatte die Funktion einer gruppeninternen Bank. Jerfin vergab Darlehen an Ammann-Töchter und erhielt dafür intern Zinsen. Diese mussten marktüblich sein, damals beispielsweise 10 Prozent. Mit einem Darlehen von 150 Millionen Franken erhielt die Jerfin also etwa 15 Millionen Zins, der als Gewinn auf Jersey anfiel. Weil Jersey keine Gewinnsteuern kennt, waren das netto 15 Millionen Franken Gewinn nach Steuern. Hätte Ammann diesen Betrag in der Schweiz in einer operativen Gesellschaft zu einem Satz von beispielsweise 20 Prozent besteuert, hätte sie dafür 2 Millionen Franken bezahlt. Solange der Betrieb der Jerfin weniger kostete als die möglichen Steuern in der Schweiz, lohnte sich diese legale Optimierung.
Tiefe Zinsen schmälern Gewinn
Im letzten Jahrzehnt sanken die marktüblichen Zinsen enorm. So wurden auch konzernintern tiefere Zinsen verrechnet. Bei fünf Prozent beispielsweise belief sich der Gewinn auf Jersey nur noch auf 7,5 Millionen Franken. Umgekehrt wurde der dortige Betrieb nicht billiger. Miete, Sitzungsgelder, Honorare und Buchhaltung kosteten laut Experten schnell Hunderttausende Franken pro Jahr. Die Steuerersparnis schwand.
Ab 2003 änderte die Steuerpraxis in der Schweiz. Die Steuerbehörden zogen die Schraube an. Damit eine Firma rechtmässig zum Nulltarif auf Jersey versteuern kann, verlangten sie, dass vor Ort «Substanz» sein muss, beispielsweise Büros und Angestellte, die unternehmerische Entscheide treffen. Auslöser war ein Gerichtsentscheid: «Das Bundesgericht nahm 2003 erstmals prominent zur Frage der steuerlichen Ansässigkeit von Offshore-Gesellschaften Stellung und sprach der Schweiz das Besteuerungsrecht zu», sagt der Steuerexperte eines grossen Wirtschaftsprüfers zum «Bund». «Eine steuerliche Umqualifikation einer Jersey-Gesellschaft in eine schweizerische Gesellschaft führte nicht nur gewinnsteuerlich zu Konsequenzen, sondern auch bei der Verrechnungs- und der Mehrwertsteuer».
Berner Steueramt wurde aktiv
Aus dem Bericht der «Rundschau» von Fernsehen SRF vom Mittwoch ging hervor, dass die Berner Steuerbehörde 2007 den steuerrechtlichen Status der Jerfin hinterfragte, laut Amtschef Bruno Knüsel aufgrund einer «Standardabklärung bei vergleichbaren Fällen». Darauf musste Ammann «eine geeignete Person» einsetzen, die in einem 20- bis 30-Prozentpensum «vor Ort die vollziehenden Geschäfte erledigen» konnte.
Knüsel verneinte auf Anfrage, dass eine verschärfte Rechtsprechung der Grund war. Der genannte Steuerexperte widerspricht: «Insbesondere die Bedingungen, dass vor Ort eine echte Geschäftstätigkeit ausgeübt werden muss, die dem Geschäftszweck entspricht, haben sich damals verschärft. Dahinter stand vor allem die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV). Sie focht sogenannte Rulings (Vereinbarungen) der Kantone mit Steuerpflichtigen an, die grosszügigere Bedingungen vorsahen». Ein zweiter Steuerexperte bestätigt: «Der Scharfmacher war die ESTV.»