Goodyear-Manager aus Geiselhaft befreit
Streikende Arbeiter des Reifenkonzerns Goodyear hatten zu einem radikalen Mittel gegriffen und zwei ihrer Chefs gefangengenommen. Der Entführungsfall nahm jetzt eine positive Wendung.

Zwei von erbosten Arbeitern in Frankreich gefangen gehaltene Manager des US-Reifenherstellers Goodyear sind nach eineinhalb Tagen heute wieder freigekommen. Der Direktor und der Leiter der Personalabteilung verliessen am Nachmittag das Fabrikgebäude im nordfranzösischen Amiens, nachdem die Polizei in dem Geiseldrama eingeschritten war. Zwei Beamte hatten Minuten zuvor das Gebäude betreten, während ein Dutzend weiterer Polizisten draussen bereitstand.
Arbeiter hatten aus Protest gegen die Schliessung ihres Werks die beiden Manager gestern Morgen als Geiseln genommen. Sie fordern höhere Abfindungen. Die beiden Manager mussten die Nacht in dem Gebäude verbringen. Ihre Freilassung verärgerte Gewerkschaftsmitglieder den Angaben zufolge so sehr, dass sie Reifen vor der Fabrikanlage in Brand setzten.
Goodyear versucht seit mehr als fünf Jahren, die Fabrik in Amiens zu schliessen oder zu verkaufen und begründet dies mit dem zurückgehenden Automarkt in Europa. Die Angestellten protestierten mehrfach vehement gegen die Pläne.
Mal lebhaft, mal ruhig
Die Goodyear-Fabrik ist zu einem Symbol für die grossen Spannungen geworden, die in Frankreich zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern herrschen. Managerentführungen kommen in dem Land gelegentlich vor, die Polizei schreitet aber normalerweise nicht ein. Da es in der Amiens-Fabrik aber in den vergangenen Jahren mehrere gewaltsame Proteste gab, ordnete ein Richter die polizeiliche Intervention am Dienstag an.
Zwar sind die Entführungen gesetzlich verboten, doch kommt es selten zu juristischen Verfahren, und zumeist versuchen die Arbeiter, ihren Geiseln das Leben so angenehm wie möglich zu machen. Die Entführungen seien eine Reaktion der «Hoffnungslosigkeit», meint der auf Arbeitsrecht spezialisierte Anwalt Sylvain Niel.
Michel Dheilly, der gefangene Direktor der Fabrik, sagte, es sei in der Fabrik während seiner Geiselhaft mal lebhaft, mal ruhig zugegangen, doch niemals gemein. Sein Kollege Bernard Glesser lehnte es ab, angesichts der Nötigung durch die Arbeiter eine Stellungnahme abzugeben. Sie nahmen die ihnen für die Nacht angebotenen Matratzen und Decken nicht an, wie ein Gewerkschaftsvertreter der Zeitung «Courrier Picard» berichtete.
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