«Bewusste Provokation der Steuerzahler»
Die Warnung von Standard & Poor's, die Beteiligung privater Gläubiger am griechischen Hilfspaket als Zahlungsausfall zu werten, stösst auf Kritik. Es werden Alternativen zu den US-Ratingagenturen gefordert.

Nach den neuerlichen Querschüssen einer US-Ratingagentur gegen die europäischen Pläne zur Stützung Griechenlands und des Euros fordert der bayrische Finanzminister Georg Fahrenschon den schnellen Aufbau europäischer Ratingagenturen. Die Warnung von Standard & Poor's, das Modell zur Beteiligung privater Gläubiger am Hilfspaket für Griechenland als Zahlungsausfall des Landes zu werten, sei «unangemessen und wenig hilfreich», sagte Fahrenschon der deutschen «Passauer Neuen Presse» . Gerade die US-Ratingagenturen hätten vor der Finanzmarktkrise als Frühwarnsystem und bei der Einschätzung von Risiken «eklatant versagt».
Wenn dieselben Ratingunternehmen nun notwendige «Rettungsmassnahmen» der Euroländer und des Internationalen Währungsfonds (IWF) zusätzlich erschwerten, zeuge das von «mangelnder Verantwortung» und könne nur als «bewusste Provokation gegenüber den europäischen Steuerzahlern» gewertet werden, sagte Fahrenschon. Die Europäer müssten sich vom Diktat der US-Ratingagenturen frei machen, die vorschrieben, wann die Europäische Zentralbank (EZB) eine Anleihe als Sicherheit akzeptieren dürfe und und wann nicht. Deshalb seien «unabhängige europäische Rating-Agenturen» dringend nötig.
Kritik von Straubhaar
Der Chef des Hamburger Weltwirtschafts-Instituts (HWWI), Thomas Straubhaar, sagte der «Rhein-Neckar-Zeitung», die Ratingagenturen spielten eine «sehr fragwürdige Rolle» bei der Bewertung der Griechenland-Hilfe. Die Politik habe sich in die Hände eines Monopols weniger Bewertungsinstitute begeben. Es sei notwendig, die Macht der Ratingagenturen einzuschränken und wieder zu anderen Massstäben der Bewertung zurückzukehren.
Zum hochverschuldeten Griechenland sagte Straubhaar, wenn die Stabilisierung gelinge, sei die «deutsche Hilfe keineswegs verloren». Sie könne sich vielmehr «sogar zu einem guten Geschäft entwickeln». Griechenland zahle schliesslich «höhere Zinsen für deutsche Hilfen, als Deutschland selbst am Kapitalmarkt zur Refinanzierung aufwenden muss».
Die Sorge von Standard & Poor's
Das von der französischen Finanzwirtschaft vorgeschlagene Modell einer Beteiligung von Banken und Versicherungen am zweiten Hilfspaket für Griechenland trüge «nach unseren Kriterien» zu einem Kreditausfall des Landes bei, teilte S&P mit. Gerade dies wollen die europäischen Partner Griechenlands aber um jeden Preis vermeiden. In einem solchen Fall würde die Europäische Zentralbank (EZB) keine griechischen Staatspapiere mehr als Sicherheit annehmen, die griechischen Banken könnten sich bei der EZB kein Geld mehr leihen und wären wohl binnen Stunden pleite.
Dem französischen Plan zufolge sollen Privatgläubiger - Banken, Versicherungen und Hedgefonds - beim Auslaufen einer Griechenland-Anleihe 70 Prozent weiter dort investieren. 50 Prozent sollen in neue Anleihen gesteckt werden, die diesmal über 30 Jahre laufen. Die restlichen 20 Prozent sollen in Anleihen ohne laufende Zinszahlungen fliessen. S&P erklärte, sie würde diese Papiere mit dem Rating «Zahlungsausfall» bewerten. Doch könne die Beteiligung der Privatgläubiger auch eine andere Form annehmen; in einem solchen Fall wäre auch eine andere Bewertung möglich, erklärte S&P.
Noch keine Einigung für das zweite Hilfspaket
Die Euro-Länder hatten am Wochenende die fünfte Kreditrate aus dem ersten, 110 Milliarden Euro umfassenden Hilfspaket für Griechenland freigegeben. Beim zweiten Hilfspaket - die Rede ist von noch einmal bis zu 110 Milliarden Euro - sollen nach dem Wunsch der Staaten private Gläubiger beteiligt werden. Die Euro-Finanzminister konnten sich auf dieses zweite Hilfspaket am Wochenende noch nicht einigen.
Er gehe davon aus, dass das Programm «finalisiert» werde, bis die nächste Tranche für Griechenland im Herbst anstehe, sagte ein Sprecher des deutschen Finanzministeriums. Die Zeit drängt: Im September steht die nächste Bewertung des Spar- und Privatisierungsprogramms der Athener Regierung durch die EU und den Internationalen Währungsfonds (IWF) an. Davon hängt ab, ob EU und IWF Athen die nächste Kreditrate auszahlen.
Griechenland ist verärgert
Die griechische Regierung weigerte sich gestern, die «spekulativen Hypothesen» von S&P zu kommentieren. Ein Sprecher verwies darauf, dass die Haltung Athens zu den Ratingagenturen bekannt sei. Griechenland sei für die Schaffung einer europäischen Ratingagentur.
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