«Wir wollen Bern neu gründen»
Der Raum Bern droht gegenüber dem Grossraum Zürich und dem Bassin Lémanique ins Hintertreffen zu geraten. Ein neuer Verein will dem entgegenwirken: In der engeren Agglomeration Bern sollen Gemeindefusionen «frühestens ab 2019» möglich werden.
Christian Cappis winkt ab: «Nein, nein. Unser Verein ist nicht auf Initiative der Stadt Bern entstanden», sagt der designierte Geschäftsführer von «Bern neu gründen» und einstige Geschäftsführer des Netzwerks Espace Mittelland. Bei den Vereinsgründern handle es sich vielmehr um Persönlichkeiten aus Stadt und Region Bern, die sich Sorgen um die wirtschaftliche Entwicklung des Grossraums Bern machten. Die politischen Grenzen in der Agglomeration Bern hätten nichts mehr zu tun mit dem Lebensraum der Menschen. Bern leide unter der Zersplitterung zwischen Zentrum und Agglomeration. Im Unterschied zu Luzern und Fribourg gebe es aber keine starke Bewegung für einen Zusammenschluss der Kerngemeinden. «Die Regionalkonferenz mit ihren hundert Gemeinden ist ein erster, kleiner Schritt», sagt Cappis. Die Gemeinde Linden bei Oberdiessbach habe aber andere Probleme als die Stadt Bern oder Ostermundigen. «Es braucht neue Denkansätze für die Stadt Bern und die 12 bis 15 Gemeinden der engeren Agglomeration.» Cappis macht sich über die Zeiträume aber keine Illusionen. «Konkrete Umsetzungen bis hin zu Fusionen sind im Raum Bern wohl kaum vor 2019 realistisch.»
Keine Hoffnung in die Politik
Der Verein «Bern neu gründen» will sich Ende August auf dem Gurten konstituieren. Das designierte Co-Präsidium besteht aus Grossrat Christoph Stalder (fdp) und der Wohlener Gemeinderätin Rosmarie Kiener (sp plus) (siehe Kasten). «Wir sind kein politisches Gremium, sondern ein Think-Tank von Bürgerinnen und Bürgern», sagt Stalder. Von der Politik seien keine Initiativen für neue Zusammenarbeitsformen in der Kernregion Bern zu erwarten, denn keine Institution schaffe sich selber ab. «Der Druck muss von der Bevölkerung kommen», zeigt sich Stalder überzeugt.
Die Kooperation in Verkehrs- und Siedlungsfragen in der Regionalkonferenz sei gut und recht, aber nicht genug. «In Bern muss das Zentrum gestärkt werden.» Mit engeren Kooperationen oder gar Fusionen könne Geld gespart werden, die Steuern würden mittel- bis längerfristig sinken. Vorteile gibt es laut Stalder auch in Sachen Mitbestimmung. «Von einem allfälligen autofreien Bahnhofplatz sind auch Berns Nachbargemeinden betroffen.» Die Bewohner dieser Gemeinden könnten aber nicht mitbestimmen, sagt Stalder.
Tschäppät findet Vereinsidee gut
Welche Formen der Zusammenarbeit sind in der engeren Agglomeration denkbar? Zu dieser Frage will «Bern neu gründen» eine Studie in Auftrag geben. «Die Strukturen in der Region Bern entsprechen in der Tat nicht mehr der Realität», sagt der Berner Stadtpräsident Alexander Tschäppät (sp). Er habe Kenntnis von der Gründung des Vereins. Dieser sei jedoch keineswegs ein Vehikel der Stadt Bern zur Förderung von Fusionen. Die Mitgliedschaft von Gemeinderätin Regula Rytz (gb) in der Arbeitsgruppe «Bern neu gründen» sei nicht offizieller Natur. «Regula Rytz ist nicht vom Gemeinderat delegiert.»
Tschäppät begrüsst indes die Gründung des Vereins, auch wenn der Name nicht passend sei. «Bern muss man nicht gründen. Das wurde bereits 1191 getan», sagt Tschäppät. Die Idee des Vereins sei aber gut. «Der Ansatz von unten ist richtig. Fusionen von oben klappen nie.» Wenn Kehrsatz mit der Stadt Bern enger kooperieren wolle, so sei dies positiv, sagt Tschäppät unter Anspielung auf die Vereinsmitgliedschaft des Kehrsatzer Gemeindepräsidenten Thomas Stauffer (fdp). Es wäre der Sache aber wenig dienlich, wenn er als Berner Stadtpräsident auf die Nachbargemeinden zugehen würde.
Skepsis in Ostermundigen
Als erste «Fusionspartner» stehen für diverse Mitglieder der Arbeitsgruppe «Bern neu gründen» Ostermundigen und Köniz im Vordergrund. Die Präsidenten dieser Gemeinden klingen aber skeptisch. «Bern neu gründen» sei ein guter Name, da er die Möglichkeit einer neuen Identität des Raumes Bern andeute, sagt Christian Zahler (sp), Gemeindepräsident von Ostermundigen. Er sei interessiert an einer engeren Zusammenarbeit in der Kernregion Bern. «Über Fusionen will ich aber nicht diskutieren.» Die Vereinsstatuten legten nahe, dass dieses Thema im Vordergrund stünde. «Fusionen dürfen nicht Selbstzweck sein», sagt Zahler. In Ostermundigen sei das kein Thema.
Offene Ohren in Köniz
«Der Grossraum Bern muss gestärkt werden», sagt der Könizer Gemeindepräsident Luc Mentha (sp). Er sei kein Gegner von Fusionen, sofern der Service public effizienter werde. Der Verein stelle den Begriff der «Fusion» aber nicht in den Vordergrund. «Die Neugründung der Region Bern ist für mich ein anderes Thema als die Eingemeindung von Köniz», sagt Mentha. Er werde beim Verein vermutlich mitmachen, weil er sowohl den Wirtschaftsraum Bern stärken als auch Köniz Vorteile verschaffen wolle. Eine Fusion sei allenfalls dann ein Thema, wenn sie Köniz Vorteile bringen würden, sagt Mentha.
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