«Wir sind bereit, einen Beitrag zu leisten»
Bei seinem Staatsbesuch in der Schweiz machte der türkische Präsident Abdullah Gül deutlich, dass die Türkei weiterhin an einer Normalisierung der Beziehungen zu Armenien interessiert ist.
Der türkische Präsident Abdullah Gül ist bei seinem Staatsbesuch in der Schweiz am Donnerstag von Bundespräsidentin Doris Leuthard und dem Gesamtbundesrat empfangen worden. «Die Normalisierung der Beziehungen zwischen der Türkei und Armenien ist uns sehr wichtig», sagte Gül im Anschluss vor Journalisten in Bern. Man müsse dabei aber die ganze Kaukasus-Region im Auge behalten: Georgien, Aserbaidschan, Berg-Karabach.
Die Probleme müssten gelöst werden, so Gül weiter. Die Türkei setze sich für Stabilität im Kaukasus ein. «Wir sind bereit, dafür einen Beitrag zu leisten», sagte Gül. Man müsse Mauern abbauen. Das sei auch wichtig für die Energieversorgung. Immerhin führten durch den Kaukasus mehrere grosse Öl- und Gasleitungen vom Kaspischen Raum durch die Türkei nach Europa.
Ein Konflikt ohne Lösung
Auf die Frage, ob Ankara eine neuerliche Schweizer Vermittlung zwischen der Türkei und Armenien wünsche, reagierte Gül ausweichend: Man sei offen für alle Bemühungen. Schon in ihrer Begrüssungsansprache am Nachmittag im Bundeshaus hatte Leuthard an die Türkei appelliert, die Annäherung an Armenien fortzusetzen.
Im Beisein von Bundesrätin Micheline Calmy-Rey und US-Aussenministerin Hillary Clinton hatten die Türkei und Armenien im Oktober vergangenen Jahres in Zürich eine Vereinbarung zur Normalisierung ihrer Beziehungen unterzeichnet. Allerdings liegt diese bereits wieder auf Eis.
Eriwan wirft Ankara die Torpedierung durch neue Bedingungen vor. So fordert die Türkei neuerdings zuerst eine Lösung des Berg-Karabach-Konflikts. Die völkerrechtlich zum muslimischen Aserbaidschan gehörende und mehrheitlich von christlichen Armeniern bewohnte Region ist seit Mitte der 1990er Jahre von armenischen Separatisten besetzt.
Minarettverbot und Integration
Die Journalisten interessierte aber auch, wie der türkische Präsident das Schweizer Minarettverbot deutet. Gül mahnte in diesem Zusammenhang zu mehr Selbstbewusstsein der Schweizer Bevölkerung: schliesslich habe die Schweiz immer bewiesen, wie sie als vielsprachiges Land kulturelle Vielfalt in Freiheit leben könne. Minarette seien keine Bedrohung.
Gül wies in diesem Zusammenhang auf die rund 120'000 türkischen und türkisch-stämmigen Immigranten in der Schweiz hin, die eine kulturelle Brücke zwischen den beiden Ländern bildeten. Leuthard lobte deren gute Integration in die Schweizer Lebenswelt, betonte aber auch, wie wichtig es sei, sich an die bestehenden Regeln im offenen Gastland Schweiz zu halten.
Zwei Tage lang in der Schweiz
Der türkische Präsident war am Donnerstagvormittag mit seiner Gattin Hayrünnisa in Zürich-Kloten zu seinem zweitägigen Staatsbesuch eingetroffen und dort bereits von Bundespräsidentin Leuthard und ihrem Ehemann mit militärischen Ehren empfangen worden.
Am Nachmittag trafen sich Gül und Leuthard mit ihren Delegationen im Bernerhof zu Gesprächen. Gül hatte türkische Parlamentarier und Wirtschaftsvertreter in die Schweiz mitgebracht; bei den Gesprächen anwesend waren auf Schweizer Seite auch Aussenministerin Micheline Calmy-Rey, Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann und Justizministerin Simonetta Sommaruga.
Für Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen
Im Vordergrund der Gespräche standen nach offiziellen Angaben vor allem die Wirtschaftsbeziehungen und die Zusammenarbeit auf internationaler Bühne. Immerhin ist die Schweiz der sechstgrösste Investor in der Türkei. Gemäss Leuthard kamen auch die Zypern-Frage, die Beziehungen mit der EU, der internationale Terrorismus und die Wirtschafts- und Schuldenkrise sowie kulturelle, Bildungs- und Energie-Fragen zur Sprache.
Gül wie auch Leuthard plädierten für einen Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Schweiz und der Türkei. Hier sei noch sehr viel Potenzial vorhanden. Der türkische Präsident unterstrich die Bedeutung der Schweiz als Vorbild an Infrastruktur und Know-how für die Türkei. Am Freitag will er in Zürich das Cleantech-Forum über Ökologisierung in der Wirtschaft besuchen.
pd/gbl/raa
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