«Wir haben nicht die Absicht, Syrien anzugreifen»
Nach den emotionalen Worten an die Adresse Syriens mässigt Tayyip Erdogan seinen Ton: Der türkische Ministerpräsident sieht zurzeit von einem Angriff auf das Nachbarland ab – unter Vorbehalt.

Die Türkei plant nach den Worten von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan keinen Angriff auf Syrien. «Wir haben nicht die Absicht, Syrien anzugreifen», sagte Erdogan heute bei einer Militärzeremonie. Die Türkei sei keinem Land gegenüber feindlich eingestellt und habe «niemals ein Auge auf das Territorium irgendeines anderen Landes geworfen».
Dennoch werde die Türkei nicht zögern, auf einen «feindlichen Akt» auf die «härteste Art zu antworten». Nach dem Abschuss eines türkischen Militärjets durch Syrien hatte Erdogan gestern erklärt, jede syrische Truppeneinheit, die sich der Grenze nähere, werde ab sofort als militärisches Ziel gewertet und bekämpft. Laut Presseberichten begann die türkische Armee bereits damit, ihre Präsenz an der Grenze zum südlichen Nachbarn zu verstärken. Zusätzliche Panzereinheiten seien ins Grenzgebiet im südostanatolischen Nusaybin und Cizre verlegt worden.
Nato reagiert harsch
Die Spannungen zwischen den beiden Ländern haben durch den syrischen Abschuss eines türkischen Kampfflugzeuges stark zugenommen. Die Nato hat diesen Angriff scharf verurteilt. Nach einer Krisensitzung des Nato-Rats sagte gestern Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen, dass sich ein solcher Vorfall nicht wiederholen dürfe. Während der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan einen Sturz des «blutdürstigen Diktators» Baschar al-Assad forderte, sah die US-Regierung Anzeichen für einen Machtverlust des Präsidenten. «Wir bewerten diesen Akt als nicht hinnehmbar und verurteilen ihn auf das Schärfste», sagte Rasmussen zum Abschuss des Jets.
Der Vorfall vom Freitag sei «ein weiteres Beispiel für die Missachtung internationaler Regeln durch die syrische Regierung». Auf der Sitzung des Nato-Rats war aber eine mögliche militärische Vergeltung laut Diplomaten kein Thema.
Russland versucht zu beruhigen
Russland sieht als Verbündeter Syriens den Abschuss des türkischen Kampfjets nicht als «Provokation». «Es ist wichtig, dass der Vorfall nicht als Provokation oder vorsätzliches Handeln gesehen wird und nicht zu einer Destabilisierung der Lage führt», teilte das Aussenministerium in Moskau mit und forderte alle Seiten zu «Zurückhaltung» auf. Zugleich rief Russland die Türkei und Syrien auf, einen «direkten Dialog» zu führen, um eine «mögliche militärische Eskalation» zwischen den Nachbarländern zu verhindern. Die Umstände des Vorfalls müssten aufgeklärt werden, damit sich «solch tragische Ereignisse» nicht wiederholten, hiess es aus Moskau.
Russland liefert Luftabwehrsysteme an Syrien und hatte sich seit dem Abschuss des türkischen Kampfjets durch Syrien am vergangenen Freitag bisher noch nicht zu dem Vorfall geäussert. Moskau gilt als Verbündeter von Damaskus und hat gemeinsam mit China im UN-Sicherheitsrat bisher eine scharfe Verurteilung der syrischen Führung verhindert.
Beobachtereinsatz soll nicht weitergeführt werden
Trotz der Schlichtungsversuche der Russen haben sich die Chancen für eine friedliche Lösung des Konflikts in Syrien weiter verschlechtert: Die Vereinten Nationen wollen ihren Beobachtereinsatz vorerst nicht weiterführen, weil es für die Mitarbeiter der Teams in dem Land zu gefährlich geworden ist. Nach dem Abschuss eines Kampfjets hatte die Türkei dem Regime von Präsident Baschar Assad für den Fall weiterer Provokationen am Dienstag mit militärischen Reaktionen gedroht. Eine Schwächung der Streitkräfte Syriens ist nach Einschätzung der USA trotz einer zunehmenden Zahl von Deserteuren bisher nicht zu erkennen.
Die UN-Beobachtung in Syrien könne zwar möglicherweise irgendwann wieder anlaufen, derzeit sei es aber für die Beobachter zu gefährlich, ihre Arbeit wieder aufzunehmen, sagte der Leiter der UN-Friedenseinsätze, Hervé Ladsous, dem UN-Sicherheitsrat, wie ein UN-Diplomat am Dienstag mitteilte. Die Beobachter waren nach Angaben ihres Leiters Robert Mood mindestens zehn Mal direkt beschossen worden. Daraufhin wurde der Einsatz Mitte Juni ausgesetzt.
Treffen am Samstag in Genf bestätigt
Die Aktionsgruppe für Syrien wird sich am Samstag in Genf treffen. Das teilte der internationale Syriengesandte Kofi Annan heute in Genf mit.
Das Ziel der Aktionsgruppe sei es, Schritte zu definieren für die Umsetzung des Friedensplans sowie einen sofortigen Stopp jeder Gewalt zu erreichen. Die Aktionsgruppe solle sich über Richtlinien und Massnahmen für einen politischen Übergang einigen, der von den Syrern geführt werde und den Wünschen der syrischen Bevölkerung entspreche.
Er habe die Aussenminister der fünf Vetomächte im Sicherheitsrat - China, Frankreich, Russland, Grossbritannien und die USA - sowie der Türkei eingeladen, schrieb Annan weiter. Ferner habe er auch Einladungen an die Generalsekretäre der UNO und der Arabischen Liga sowie an die EU-Aussenbeauftragte geschickt.
Als Vertreter der Arabischen Liga sollen die Aussenminister Iraks, Kuwaits und Katars teilnehmen. Nicht eingeladen sind der Iran und Saudiarabien. Die USA hatten die Teilnahme des Irans und Russland jene Saudiarabiens abgelehnt.
sda/AFP/dapd/mrs
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