Wieder Ärger mit dem Swiss Pass
Wer künftig SBB-Billette online kaufen will, muss sich bei Swiss Pass registrieren. Doch der Prozess ist so kompliziert, dass viele scheitern.

Kaum auf der Welt, schlug ihm schon Hass entgegen. Nachdem er im August 2015 eingeführt worden war, plagten den Swiss Pass anfänglich verschiedene Kinderkrankheiten. Die Kunden beklagten sich zudem über den mangelnden Nutzen der neuen Karte in ihrem Portemonnaie. Die Innovation wurde zum Sinnbild überhasteter und schlecht geplanter Projekte.
Doch die SBB und der Verband öffentlicher Verkehr halten eisern am Swiss Pass fest. Er soll dereinst alle Abos und Tickets auf sich vereinen und ihre Transformation in die Zukunft unterstützen. Deshalb wird der Swiss Pass nun zum alleinigen Schlüssel für digitale Ticketkäufe. «Ab dem 10. August 2017 können Sie sich für den Billettkauf auf der Website der SBB nur noch mit einem Swiss-Pass-Login anmelden», teilten die Bundesbahnen gegen Ende Juli ihren Kunden mit.
Neues Konto ist Pflicht
Deshalb müsse man jetzt auf der Swiss-Pass-Seite ein neues Konto erstellen und dieses mit dem bestehenden SBB-Konto verknüpfen. «So können Sie die verschiedensten Angebote aus zahlreichen Onlineshops des öffentlichen Verkehrs der Schweiz nutzen – und müssen sich nur ein Passwort merken», begründet der Konzern die Umstellung. Nötig wird diese Verknüpfung sowohl für die Kunden, die ihr Ticket am Desktop kaufen, als auch für die Nutzer der SBB-App.
Mehrere Tausend Kunden sind jetzt angehalten, den Wechsel innerhalb von wenigen Wochen zu vollziehen. Doch das ist einfacher gesagt als getan. Denn der Prozess ist extrem kompliziert. «Ich habe es auch nach drei Versuchen nicht geschafft», beklagt sich ein Kunde. Ein anderer erklärt, irgendwann habe es geklappt, er wisse aber nicht, weshalb. Eine dritte Kundin sagt: «Die SBB-Angestellte am Billettschalter wollte es für mich einrichten. Auch sie schaffte es erst nach mehreren Versuchen, meine Konten zu verknüpfen.»
Redaktion Tamedia hat verschiedene Experten für Nutzerführung gebeten, den Prozess der Kontenverknüpfung unter die Lupe zu nehmen. Alle üben daran Kritik. «Es stellt sich mir die Frage, wieso man dies nicht direkt aus seinem Ticketshop-Konto mit einem einzigen Klick erledigen kann. Das wäre technisch sicher zu realisieren gewesen», sagt etwa Jan Schneider von der Online-Marketingagentur OMA Experten. Auch Experte Michael Richter kritisiert das Vorgehen der SBB. «Die Login-Migration hat es in sich.» Man müsse mehrfach zwischen dem alten und dem neuen System hin und her wechseln. «Da gibt es zwangsläufig einige Fallstricke und Schwierigkeiten», so der Präsident von UX Schweiz, dem Branchenverband der Schweizer User-Experience-Firmen.
Auch dass man für die Verknüpfung mehrere Browserfenster gleichzeitig nutzen muss, sieht er als potenzielle Problemquelle an. Zudem wechsle teilweise die Sprache unvermittelt, etwa von Deutsch zu Französisch. Aber das ist nicht alles. «Für den unbedarften Benutzer dürften sich schon zu Beginn einige Fragen stellen. Was ist eigentlich die Ausgangslage, welches Login habe ich bereits? Was ist die Konsequenz der Verknüpfung von altem und neuem Konto? Weshalb ist das alles notwendig? Selbst im besten Fall erhält der Benutzer wenig Feedback über den Erfolg seiner Massnahmen», urteilt Richter.
Er könne sich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier «technische Komplexität und Aufwand auf den Nutzer abgewälzt» werde. In diesem Prozess lassen die SBB ihre Kunden zudem ziemlich allein. «Die Textanleitung ist viel zu lang, zu wenig strukturiert und zu kompliziert. Man wird von der Menge des Textes erschlagen», so Experte Schneider. Besonders für ältere Menschen ist das ein Problem. Auch Richter sieht darin ein Manko.
Keine Antwort von den SBB
Die SBB haben die Fragen von Redaktion Tamedia innerhalb der gesetzten Frist von zwei Arbeitstagen bis zum Redaktionsschluss dieses Artikels nicht beantwortet.
Video – so informieren die SBB künftig auf den neuen Anzeigetafeln:
Update 31.07.: Inzwischen sind die Antworten der SBB zur Umstellung beim Ticketkauf auf das SwissPass-Login eingetroffen. Von dieser seien «grundsätzlich alle Kunden betroffen, die zukünftig via SBB Mobile (ab 5. September) oder auf SBB.ch (ab 10. August) Billette kaufen und für den Billettkauf registrieren möchten», schreibt die Medienstelle. Insgesamt wird das Transportunternehmen deshalb 1,5 Millionen Kunden «gestaffelt» anschreiben. Die SBB räumen ein, dass wegen der Umstellung auf das SwissPass-Login vermehrt Kundenanfragen eingegangen seien; unter anderem wegen technischer Probleme, die inzwischen aber behoben seien. Andere Kunden hätten nachgefragt, ob die E-Mail zur Umstellung tatsächlich von den SBB stammten. «Wir erwarten, dass die Kundenanfragen mit der Umstellung am 10. August noch deutlich ansteigen werden». Dafür sei aber das Kontaktcenter verstärkt worden, heisst es bei der Medienstelle.
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