Wie ein Kachelofen tief im Boden
EWB treibt die Energiewende in der Stadt Bern voran. Das Unternehmen will im Forsthaus Abwärme im Boden speichern. Dafür müssen tiefe Löcher gebohrt werden.

Keine Atomenergie sowie viel weniger Öl und Gas: In der Stadt Bern wird in den nächsten zwanzig Jahren die Energieversorgung umgebaut. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Abwärme. Der städtische Versorger Energie Wasser Bern (EWB) plant daher im Forsthaus, neben der bestehenden Energiezentrale, einen Speicher für Abwärme. Der Clou dabei ist, dass der Speicher mehrere Hundert Meter unter dem Boden angelegt werden soll, wie EWB am Mittwoch an einer Medienkonferenz bekannt gab.

In der Energiezentrale Forsthaus werden Abfall, Holz und Erdgas verbrannt. Heute kann die Wärme, die dabei entsteht, nicht vollständig genutzt werden – insbesondere im Sommer. Im Winter hingegen, wenn geheizt wird, könnte die Abwärme problemlos verbraucht werden. Mit dem Speicher will EWB den saisonalen Schwankungen entgegentreten. Das Prinzip ist somit ähnlich wie bei der Stromproduktion, wo die Stauseen als Speicher verwendet werden.
Berlin hat schon einen Speicher
Vergleichbare Projekte gibt es in der Schweiz nicht. In der Stadt Genf wird jedoch über eine solche Anlage nachgedacht. Bisher wurde der Boden in der Schweiz primär zur Gewinnung von Energie genutzt – und nicht zur Speicherung. In den Niederlanden hingegen ist die Wärmespeicherung in der Erde weit verbreitet, es gibt über 1800 Standorte. Auch in Deutschland kennt man solche Speicher, einer befindet sich unter dem Reichstagsgebäude in Berlin.
Der Speicher funktioniert ähnlich wie «ein Kachelofen», sagt Martin Jutzeler von EWB: Die Abwärme respektive warmes Wasser wird über ein Bohrloch in den Boden gepumpt und erwärmt dort das Gestein. Über andere Bohrlöcher fliesst das Wasser zurück an die Oberfläche.
Allerdings hat man in der Schweiz gerade mit Tiefenbohrungen schlechte Erfahrungen gemacht. Vor einigen Jahren wurden in Basel und St. Gallen Geothermie-Projekte gestoppt, es kam zu Erdbeben. «Wir erwarten nicht, dass es in Bern rütteln und schütteln wird», sagt Jutzeler. Dies, weil man lediglich 500 Meter tief bohren wird und auf dem Weg dorthin nur weiche Gesteinsschichten erwartet. In Basel und St. Gallen stiessen die Bohrer in Tiefen zwischen 4000 und 5000 Meter vor.
Experte sieht auch Risiken
Rolf Wüstenhagen, Professor für das Management erneuerbarer Energien an der Universität St. Gallen, findet das Berner Projekt «spannend», wie er auf Anfrage sagt. Beim Umbau der Energieversorgung müsse man auch Erfahrungen mit neuen Lösungsansätzen sammeln. Dass EWB dazu bereit ist, begrüsst er. «Manche Energieversorger sind in eine Schockstarre verfallen und investieren gar nicht mehr.»
Potenzial hat das Projekt gemäss Wüstenhagen vor allem, weil mit der Speicherung saisonale Schwankungen beim Energieverbrauch ausgeglichen werden können. Er sieht aber auch Risiken. Einerseits, weil bei der künftigen Energieversorgung der Strom immer wichtiger wird. «Da muss man sich fragen, wie sinnvoll es ist, Wärme zu speichern.» Zudem gibt er zu bedenken, dass die Häuser immer weniger Wärme verbrauchen, weil sie besser isoliert werden.
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