Klimaprotest in BernWie die Polizei den Klimaprotest beendete
Bilanz nach einer langen Nacht: Die Räumung des Klimacamps auf dem Bundesplatz verlief ohne grosse Zwischenfälle. Dennoch könnte dieser neue Protest der Klimajugend ein Wendepunkt sein.

Es ist schwer zu sagen, wann die zwangsmässige Räumung des Klimacamps auf dem Bundesplatz unausweichlich wurde. Es war zu erwarten, dass es Folgen haben würde, als die dort versammelten Aktivistinnen und Aktivisten die vom Gemeinderat festgelegte Frist verstreichen liessen. Sicher ist, dass sie sich spätestens am Dienstagabend auf das Eingreifen der Polizei vorzubereiten begannen.
Um 22 Uhr wurde im grossen Zelt ein «Aktionstraining» in deutscher und französischer Sprache durchgeführt, bei dem Anwesende über ihre Rechte und ihre gesetzliche Situation aufgeklärt wurden. Auch das zu erwartende Verhalten der Polizei wurde thematisiert.
Verzicht auf Gewalt
Auf eine gewaltsame Konfrontation mit den Behörden hatten es die Demonstrierenden nämlich nicht abgesehen: Die Organisatoren forderten diejenigen auf, die sich der Räumung aktiv widersetzen wollten, das Camp zu verlassen. Gegen Mitternacht verblieben nur noch ein paar Hundert Menschen auf dem Platz, dies hatte allerdings vor allem mit den starken Regengüssen zu tun.
Der harte Kern der Demonstrierenden blieb guten Mutes; singend und tanzend warteten sie auf die vorzeitige Beendigung ihrer Protestaktion. Dies änderte sich auch nicht, als um 2 Uhr Dutzende Polizistinnen und Polizisten in Vollmontur eintrafen und den Platz umzingelten.
Der per Lautsprecher verkündeten Aufforderung der Polizei an die Demonstrierenden, das Camp freiwillig zu verlassen, folgten einige. Danach begann die Räumung. Munter weitersingende Aktivisten wurden von Polizisten an Armen und Beinen gepackt und weggetragen. Mehrere hatten sich an Absperrungen, Fahrräder und sogar an ein mitgebrachtes Boot gekettet, sodass die Feuerwehr sie mit speziellem Werkzeug davon trennen musste.
«Ruhig und gesittet»
Unter den Augen des anwesenden Stadtpräsidenten Alec von Graffenried (GFL) gingen die Einsatzkräfte mehrheitlich vorsichtig und unaufgeregt vor; nur in einzelnen Fällen wurden Demonstrierende grob weggezerrt oder gewaltsam abgeführt. Die linke Berner Stadtregierung hatte im Vorfeld stark auf den Dialog mit den Klimaaktivisten gesetzt.
Der Entscheid zur Räumung dürfte mit Betonung auf eine friedliche Aktion gefallen sein – ungeachtet der Forderung von bürgerlichen Politikern nach einem harten Durchgreifen. Die Demonstrierenden ihrerseits leisteten lediglich passiven Widerstand. Nachdem der Einsatz kurz vor 7 Uhr morgens zu Ende gegangen war, zog die Polizei Bilanz: Rund Hundert Personen seien in Polizeiräumlichkeiten gebracht worden. Wegen Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen und Hinderung einer Amtshandlung drohten ihnen nun Anzeigen.
Gegenüber der Nachrichtenagentur SDA stützt eine Sprecherin der Demonstrierenden die Einschätzung der Polizei, der Einsatz sei friedlich abgewickelt worden. Auch der Stadtpräsident spricht am Mittwochmorgen von einer «ruhigen und gesitteten» Räumung, bei der «alles nach Drehbuch» verlaufen sei.
Wie sich die Fortsetzung abspielen wird, bleibt unklar. Der friedliche, passive Protest der Klimajugend während der Räumung passte zu den fröhlichen Grossdemonstrationen vom letzten Jahr. Es wird sich aber zeigen, ob diese neue Form der Aktion für den weiteren Kampf gegen den Klimawandel ein Wendepunkt ist.

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