Wer soll für die Hörner aufkommen?
Initianten der Hornkuhinitiative wollen Direktzahlungen für die Verschönerung der Landschaft abzwacken. Dies ärgert die Landschaftsschützer.

Ob Mauern aus Trockensteinen, die Aufschichtung von Heuballen oder der Holzbrunnen – diese Kultivierungen sind nicht bloss Augenweide für Spaziergänger, sondern finanzieller Zustupf für viele Schweizer Bauern. Es sind dies Beispiele für Massnahmen der sogenannten Landschaftsqualitätsbeiträge, für die Direktzahlungen bezogen werden. Schweizweit profitierten 2016 rund 76 Prozent aller Jahresbetriebe davon; sie verdienten im Schnitt 3740 Franken.
Diese Beiträge rücken nun ins Scheinwerferlicht. Grund ist die Hornkuhinitiative, die Subventionen für horntragende Tiere verlangt. Die Initianten wollen die Kosten – gut 15 Millionen Franken – bei den 142 Millionen Franken Landschaftsqualitätsbeiträgen einsparen. Das legten sie Anfang Oktober vor den Medien dar.
Die Initiative selber sagt zur Finanzierungsweise nichts. «Die Idee kam auf, da einzelne Projekte umstritten sind, die solche Beiträge erhalten», sagt Mitinitiantin Anet Spengler. So würden teilweise «folkloristische» Anträge unterstützt, wie etwa Holzzäune oder Rebhäuschen. Die Horntiere dagegen würden ebenfalls zur Bedeutung der Landschaft beitragen: Somit sei es passend, mit Kürzungen bei den umstrittenen Projekten anzusetzen, sagt Spengler.
Kritik von allen Seiten
Doch die Initianten stossen damit auf Widerstand: «Der Vorschlag kommt bei uns schlecht an», sagt Franziska Grossenbacher von der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz (SLS). Die Gelder stünden für die Förderung der Kulturlandschaft bereit und würden rege genutzt: «In vielen Kantonen herrscht bereits Mittelknappheit.» Auch bedauert die Stiftung, dass dieser Vorschlag aus einer Ecke komme, mit der man sich verbunden fühle. Statt bei der Landschaftsqualität kann sich die SLS Einsparungen bei jenen Beiträgen vorstellen, die die Versorgung mit nachhaltig produzierten Nahrungsmitteln sicherstellt. Ein Vorschlag, der auch für Pro Natura ein gangbarer Weg ist: «Im Gegensatz zur Landschaftsqualität ist der Topf der Versorgungssicherheit überdotiert.» Pro Natura unterstützt die Hornkuhinitiative, die SLS gibt keine Stimmempfehlung ab.
Eine andere Lösung schlägt der Schweizer Bauernverband (SBV) vor. Sollte die Initiative am 25. November gutgeheissen werden, wird er im Parlament statt einer Umverteilung zusätzliche Ausgaben fordern. «Wir wollen keinen innerlandschaftlichen Konflikt», sagt CVP-Nationalrat und SBV-Präsident Markus Ritter. Wenn die Bevölkerung die Unterstützung für Hornkühe wünscht, werde dies akzeptiert. Doch dürften die Gelder keinem anderen Bauern weggenommen werden. «Stattdessen muss das Budget bei den Direktzahlungen um den benötigten Betrag erhöht werden», sagt Ritter.
Auch linke und rechte Politiker lehnen den Vorschlag der Initianten ab; mit unterschiedlicher Begründung. Für SP-Nationalrätin Silva Semadeni sind die Qualitätsbeiträge wichtig für das Landschaftsbild und die bedrohte Artenvielfalt: «Diese Anreize für die Pflege der Kulturlandschaft dürfen nicht geschmälert werden.» Auch für Grünen-Chefin Regula Rytz ergibt der Vorschlag «keinen Sinn». Inhaltlich passe das Thema zu den Tierwohlbeiträgen: «Die Teilnahme an den Tierwohlprogrammen nimmt zu, doch lässt sie sich nicht auf den Franken genau planen.» Da könnte ein Hornbeitrag allenfalls gut integriert werden.
FDP-Nationalrat Beat Walti hält derweil fest, dass die Umsetzung der Initiative keine zusätzlichen Kosten verursachen dürfe: «Dennoch ist wünschbar, dass es beim Umweltschutz zu keinen Abstrichen kommt.»
SVP-Nationalrat Hansjörg Knecht möchte die Landschaftsqualitätsbeiträge dagegen gleich gesamthaft verringern. In einer Motion forderte er bereits 2015, dass dort keine neuen Projekte unterstützt werden. Stattdessen sollen diese Gelder in die Produktion fliessen: «Ich befürchte, dass bei Annahme der Initiative bei Beiträgen für die produzierende Landwirtschaft gestrichen würde.»
Parlament mit letztem Wort
Angesprochen auf die Kritik, relativieren die Hornkuhinitianten den Vorschlag. Sie würden sich klar hinter die Förderung von Landschaftselementen stellen, die ökologisch sinnvoll seien. «Auch ist für uns nicht entscheidend, woher das Geld kommt, sondern dass es kommt», sagt Mitinitiantin Spengler. Sie kann sich vorstellen, dass statt Einsparungen bei den Direktzahlungen wieder eine Einkommensgrenze für die einzelnen Bauernbetriebe eingeführt wird. Ebenfalls positiv steht sie dem Vorschlag des Bauernverbands gegenüber, die Direktzahlungen um den nötigen Betrag anzuheben. Doch: «Ich bezweifle, dass dies politisch möglich ist», sagt Spengler.
Sofern Volk und Stände die Hornkuhinitiative annehmen, wird der Bundesrat die Direktzahlungsverordnung anpassen. Dies dürfte voraussichtlich durch eine Ergänzung bei den Tierwohlbeiträgen geschehen. Wo hingegen der nötige Betrag abgezogen wird, bestimmt das Parlament bei seiner Abnahme des Landwirtschaftsbudgets.
(Redaktion Tamedia)
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