Erneut keine Fasnacht«Wer jetzt auf die Gasse geht, erweist uns einen Bärendienst»
Weil die Fasnacht zum zweiten Mal in Serie ausfällt, zelebriert der Verein Bärner Fasnacht das Fest auf seiner Website. Echte Gefühle kommen dabei kaum auf, sagt der Interimspräsident Thomas Fritz.

Thomas Fritz, die Fasnacht lebt von Geselligkeit, die diesjährige Ausgabe aber findet virtuell statt. Wie fühlt sich das für Sie an?
Der Frust ist sehr gross. Normalerweise wäre ich in diesen Tagen mit meiner Guggenmusik und den Vorstandskollegen auf der Gasse, würde Musik machen und die Stimmung aufsaugen. Dies war der erste Fasnachtsfreitag seit über 30 Jahren, an dem ich nicht unterwegs war, sondern ganz normal arbeitete. Die virtuelle Fasnacht ist keine Fasnacht, wie wir sie wollen. Sie ist eine reine Ersatzhandlung.
Weshalb überhaupt organisierten Sie eine virtuelle Fasnacht?
Wir konnten uns nicht vorstellen, gar nichts zu veranstalten. Deshalb machten wir etwas Corona-Konformes, drehten Filme und arbeiteten Fotomaterial für unsere Website auf. Bei der Veröffentlichung dieser Inhalte halten wir uns an das traditionelle Fasnachtsprogramm.
«Der erneute Ausfall wird für unseren Verein zum grossen finanziellen Problem.»
Die Berner Fasnacht fällt nun bereits zum zweiten Mal in Folge aus. Wie schwer wiegt das?
Der erneute Ausfall hat zwei Dimensionen. Einerseits eine persönliche, emotionale. Das Fasnachtsvirus lebt in unseren Herzen, das ist nicht mehr wegzubringen. Deshalb schmerzt der Ausfall so sehr.
Und die zweite Dimension?
Das ist die finanzielle, und sie ist ein grosses Problem. Unsere Fixkosten bestehen, die haben wir auch bei einem Ausfall. Etwa unsere Geschäftsstelle oder der Webauftritt. Letztes Jahr machte unser Verein ein Minus von 30’000 Franken. Für dieses Jahr sind 60’000 minus budgetiert.
Ist der Verein gefährdet?
Wir hoffen auf freiwillige Beiträge, auf Gönner und Spenden. In den nächsten Jahren werden wir sparen müssen. Und im schlimmsten Fall haben wir noch etwas vom Kulturpreis übrig, den wir 2007 von der Burgergemeinde erhielten.
Wie wirkt sich der Ausfall auf die Zahl der Mitglieder aus?
Es ist gut möglich, dass wir nächstes Jahr, wenn wir hoffentlich wieder richtig feiern können, etwas weniger Beteiligung haben werden. Dass bis da der einen oder anderen Gugge der Atem ausgeht. Aber ich glaube fest daran, dass das Fasnachtsvirus überlebt.
«Das Nachwuchsproblem der Fasnacht ist bekannt, mit der Pandemie hat es aber nichts zu tun.»
Einen Präsidenten hat der Verein Bärner Fasnacht aktuell auch nicht.
Der Sitz ist vakant. Daniel Dillmann ist 2020 aus persönlichen Gründen zurückgetreten. Das Amt ist anspruchsvoll, jetzt wäre ein idealer Moment, um zu übernehmen. Wir haben eine starke Geschäftsstelle und sind gut aufgestellt. Ich selber habe leider keine Zeit, weil ich in einer Gugge engagiert bin.
Wie steht es um den Nachwuchs?
Das Nachwuchsproblem der Fasnacht ist bekannt, mit der Pandemie hat es aber nichts zu tun. Es ist ein gesellschaftliches Problem, die Jungen verpflichten sich nicht mehr gerne fix für etwas. Die Fasnacht ist offenbar weniger sexy als Fussball. Damit müssen wir umzugehen lernen. Vielleicht müssen wir gewisse Bereiche der Fasnacht redimensionieren. Immerhin wird der Kinderumzug von Jahr zu Jahr grösser. Das ist ein gutes Zeichen.
Welches war Ihr persönlicher Höhepunkt der virtuellen Fasnacht?
Das kann ich noch nicht sagen. An den neuen Schnitzelbänken hatte ich grosse Freude. Das Theater für die spezielle Bärenbefreiung gefiel mir auch sehr gut. Wir lassen uns nicht unterkriegen.
Am Samstag wäre der eigentliche Höhepunkt der Berner Fasnacht.
Richtig, traditionellerweise würde um 14.30 Uhr der grosse Fasnachtsumzug stattfinden. Der Tag beginnt aber bereits um 10 Uhr mit der poetischen Fasnacht. Wir werden sie auf unserer Website zelebrieren, später dasselbe mit dem Umzug. Am Abend findet dann wie immer die Gassen- und Beizenfasnacht statt – heuer halt auch auf unserer Website. Ich weiss nicht, was uns genau erwarten wird, und lasse mich selber überraschen.
Sind Sie in Sorge, dass die Leute trotzdem rausgehen wie in Luzern oder Einsiedeln?
Ich hoffe auf die Vernunft der Bernerinnen und Berner. Dass sie zu Hause bleiben. Wer jetzt auf die Gasse geht und einen auf Fasnacht macht, der erweist uns einen Bärendienst und torpediert unsere Idee. Wir wollen nächstes Jahr unbedingt wieder eine richtige Fasnacht feiern. Deshalb müssen wir jetzt mithelfen, die Pandemie zu bekämpfen.
Die virtuelle Berner Fasnacht findet auf www.fasnacht.be statt.
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