Wer eine Maske trägt, muss ins Gefängnis
Nach den schweren Krawallen mit mehreren hundert Verletzten traten am Dienstag in der Ukraine neue Gesetze in Kraft. Demonstranten drohen nun drakonische Strafen.
Die von Präsident Viktor Janukowitsch unterzeichneten neuen Gesetze traten am Dienstag in Kraft. Das letzte Woche beschlossene Gesetzespaket sieht unter anderem Geld- oder Haftstrafen für das Tragen von Masken oder Helmen, das ungenehmigte Aufbauen von Bühnen oder Zelten sowie die Blockade öffentlicher Gebäude vor. Ausserdem hatte ein Gericht Mitte vergangener Woche ohne Angaben von Gründen entschieden, dass im Zentrum der Hauptstadt Kiew bis zum 8. März nicht mehr demonstriert werden dürfe.
UNO-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay rief die ukrainischen Behörden auf, das Gesetzespaket mit den neuen Strafmassnahmen auszusetzen. Der ukrainische Generalstaatsanwalt Viktor Pschonka forderte die Demonstranten zu einem Ende der «Massen-Randale» auf und brandmarkte diese als «Verbrechen gegen den Staat».
Krisentreffen geplatzt
Anders als erwartet traf sich der der Oppositionsführer Vitali Klitschko heute nicht zu neuen Krisengesprächen mit Janukowitsch. Dessen Büro teilte mit, der Präsident sei in einem Treffen gewesen. So wurde Klitschko von Janukowitschs Beratern empfangen, die Teil einer Arbeitsgruppe waren, die Verhandlungen mit der Opposition führen soll.
Klitschko macht die Regierung für die eskalierende Gewalt verantwortlich. Präsident Janukowitsch höre nicht auf die Forderung der Demonstranten nach Neuwahlen, schrieb Klitschko in einem Beitrag für die «Bild«-Zeitung. Es würde ihn «nicht wundern, wenn es bald Tote zu beklagen gibt». Die Opposition, die für einen friedlichen Protest stehe, habe «die Bewegung nicht mehr unter Kontrolle». Klitschko warf der Führung um Janukowitsch vor, sie habe selbst Schläger in die Hauptstadt gebracht, um die Situation zu destabilisieren. Er behauptete, er habe persönlich zwei Provokateure gestellt.
Nahe dem Parlament in Kiew standen heute weiterhin Hunderte gewaltbereite Regierungsgegner einem massiven Aufgebot der Sicherheitskräfte gegenüber. Die maskierten und mit Holzknüppeln bewaffneten Demonstranten verstärkten ihre Barrikaden. In der Nacht hatten Gewaltbereite Steine und Brandsätze auf die Sicherheitskräfte geschleudert.
Opposition: «Tausende Demonstranten verletzt»
Der russische Aussenminister Sergej Lawrow gab dem Westen eine Mitschuld an den Gewaltexzessen. Mit ihrer Teilnahme an den Strassenprotesten versuchten Politiker westlicher Länder, Gewalt zu provozieren. Nur ein Dialog und keine Einmischung von aussen könne die Lage beruhigen, sagte Lawrow. UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon zeigte sich besorgt über die gewaltsamen Ausschreitungen und rief alle Seiten zur Zurückhaltung auf. Der für Nachbarschaftspolitik zuständige EU-Kommissar Stefan Füle kündigte für diesen Freitag und Samstag Gespräche in Kiew mit Regierung und Opposition an.
Die Proteste der proeuropäischen Opposition dauern bereits seit Ende November an. Die Demonstranten kritisierten die Entscheidung Janukowitschs, ein über Jahre ausgehandeltes Assoziierungsabkommen mit der EU nicht zu unterzeichnen. Am Wochenende eskalierten die Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften. Die Polizei sprach von 120 Verletzten, von denen 80 im Spital behandelt worden seien. Das Innenministerium meldete gestern 32 Festnahmen. Nach Angaben der Opposition wurden seit Montag über 1400 Demonstranten verletzt. Aus Angst vor Strafverfolgung hätten fast alle eine Behandlung in staatlichen Kliniken verweigert.
SDA/ldc
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