Neues «Totentanz»-BuchWenn der Sensenmann 13-mal anklopft
Der Berner Autor Peter Zimmermann lässt unterschiedlichste Menschen dem Tod begegnen. Das ist mal unheimlich, mal verstörend, mal witzig.

Hier erscheint der Tod auch mal in ungewöhnlicher Gestalt – als Ente. Mit solchen überraschenden Zuschreibungen erweitert der Berner Schriftsteller Peter Zimmermann in seinem neuen Buch «Halt mir nur still» die Tradition des Totentanzes: In den mittelalterlichen Bildnissen mischt sich der Tod mitten unter die Lebenden. In der Regel als Skelett mit Sense in der Hand.
Das wäre für Peter Zimmermann zu banal. Aber auch bei ihm reisst der Tod Menschen jeden Alters aus dem Alltag heraus. In seinen 13 Erzählungen geht es allerdings um viel mehr als um den abrupten Abtritt: Der Schriftsteller lässt auch die Versäumnisse der Betroffenen deutlich werden. Und er schildert berührend die Liebe, die zurückbleibt.
In einigen Geschichten hat der Tod zudem eine albtraumhafte Seite, die an die Horrorerzählungen von Starautor Stephen King erinnert. In «Antons Versuch – Der Tanz der Toten» landet der Wanderer Anton in einem Dorf, das er nicht mehr verlassen kann. Als Leserin oder Leser fragt man sich: Wann genau ist die zunächst realistische Geschichte ins Fantastische gekippt? Peter Zimmermann gestaltet den Übergang so raffiniert, dass es keinen eindeutigen Wendepunkt gibt.

Die Begegnungen mit dem Tod sind in einer reduzierten Sprache erzählt, was sie umso eindringlicher macht. Das gilt insbesondere für die beste Geschichte im Buch, die nur in Dialogen stattfindet: «Kalte Platte – die Köchin». Wie die Protagonistin dem Tod ein Schnippchen schlägt, ist wunderbar geschrieben. Ganz lapidar sagt sie am Ende zu ihm: «Also, mir wär’s recht, wenn du jetzt vielleicht... – Das wird heute nichts mehr mit uns.» Als Lesende freut man sich natürlich, dass es wenigstens einer Person gelingt, sich dem Unvermeidlichen fürs Erste zu entziehen.
Der Autor variiert zwar virtuos Erzählperspektive, Schauplatz und Plot. Doch eines haben alle seine Protagonistinnen und Protagonisten gemeinsam: Keiner von ihnen ist bereit zu gehen, keine ist krank, keiner ist so alt, dass das Sterben unmittelbar bevorstünde. Das entspricht natürlich dem Totentanz-Motiv. Dennoch wirkt die Häufung von ungewöhnlichen Todesfällen etwas einseitig. Gerne hätte man noch andere Varianten gelesen von Menschen, die sich vorbereiten und verabschieden konnten. Für sie hätte das Sterben vielleicht eine ganz andere Bedeutung.
Peter Zimmermann: «Halt mir nur still. Ein Totentanz». Edition Bücherlese, 2021, 176 S., ca. 29 Fr.
Lesung: Mi, 17. 11., 20 Uhr, Orell Füssli, Spitalgasse 18/20, Bern. Vorverkauf empfohlen: 058 100 74 13, bern@orellfuessli.ch.
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