
Was wurde Verstappen nicht gelobt in den letzten Wochen und Monaten. Gereift sei er, cleverer, fairer – und dabei doch hart im Zweikampf. Und dann kommt Saudiarabien. Und ist alles anders. Verstappen fährt, als wäre er noch der 17-jährige Neuling, der ohne Respekt gegen die ganz Grossen kämpft.
Die Mittel, die er im Duell mit dem siebenfachen Weltmeister Lewis Hamilton anwendet, bewegen sich nicht nur an der Grenze des Erlaubten, sie überschreiten diese. Mehrmals. Am meisten dann, als er offenbar aus Frust auf die Bremse tritt – oder zumindest vom Gas geht –, weil er von seinem Team dazu aufgefordert wurde, Hamilton vorbeizulassen. Dieser knallt als Folge in das Heck des Red Bull. Hamilton kann trotz defekten Frontflügels weiterfahren, derweil Verstappen nicht mehr daran denkt, den Briten überholen zu lassen. Dann macht er es doch, und schnappt sich Rang 1 gleich wieder zurück. Ehe er ihn wieder abgibt.
Solche Mätzchen, bei denen ein Fahrer mit horrendem Tempo seine Muskeln spielen lässt, mögen unterhaltsam sein. Doch sie sind dieses Sports unwürdig, der sich selber «Königsklasse des Motorsports» nennt.
Verstappen kommt mit einer 5-Sekunden-Strafe davon wegen des Manövers, das zur Aufforderung führte, Hamilton den Platz zurückzugeben. Er hatte beim Überholversuch des Dauersiegers die Strecke verlassen und war wieder vor diesem auf die Piste zurückgekehrt – zum zweiten Mal an diesem Abend. Dass er dann noch die Nerven hat, sich über dieses Sträfchen zu beschweren und darüber zu lamentieren, das sei «nicht die Formel 1, wie ich sie kenne», weil es nur noch darum gehe, Strafen auszusprechen, ist dann doch ziemlich dreist.
Zumal der 24-Jährige von den Stewards oft mit Samthandschuhen angefasst wird, nicht erst, seit er in diesem Jahr um seinen ersten Titel fährt. Er meinte dann auch noch, nicht extra hart gebremst zu haben, er habe Hamilton schlicht Platz 1 überlassen wollen. Ein potenzieller Weltmeister würde dafür wohl eine elegantere Lösung finden. Auch sah die Jury das anders und belegte Verstappen spät noch mit einer 10-Sekunden-Strafe und zwei Strafpunkten. Das allerdings hat keinen Einfluss auf das Rennresultat. Und sehr harmlos ist auch das.
Hamilton konnte mit Rosberg üben
Es ist nur Hamilton zu verdanken, dass dieses Duell nicht komplett ausartet, weil er auch nach solchen Spielchen kühlen Kopf bewahrt und Verstappen für sein Verhalten nicht einmal gross rügt. Der 36-Jährige hat mit seinem einstigen und langjährigen Teamrivalen Nico Rosberg auch länger üben können, wie man sich verhält, wenn es hart auf hart kommt und der psychische Aspekt eine immer grössere Rolle spielt.
Zu hoffen ist, dass sich auch Verstappens Gemüt vor dem nächsten Wochenende abkühlt und einem fairen Zweikampf nichts im Weg steht. Die Ausgangslage lässt anderes vermuten: Hamilton und Verstappen starten punktgleich zum Final in Abu Dhabi.
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Mätzchen im WM-Zweikampf – Was Max Verstappen macht, ist der Formel 1 nicht würdig
Der Niederländer fährt beim vorletzten WM-Rennen über der Grenze des Erlaubten. Es ist seinem Gegner Lewis Hamilton zu verdanken, dass das Duell nicht komplett ausartet.