Warum Swatch auch Software macht
Nick Hayek will zwar kein «Telefon am Handgelenk» auf den Markt bringen. Trotzdem entwickelt die Swatch- Gruppe ein eigenes Betriebssystem für kleine Geräte.

War es eine versteckte Botschaft oder einfach Zufall? Die Desserthäppchen, die nach der Jahresmedienkonferenz der Swatch-Gruppe in Biel serviert wurden, waren mit Blattgold dekoriert. Und das, obwohl der Uhrenkonzern das Geschäftsjahr mit einem Umsatzrückgang und einem Gewinneinbruch abgeschlossen hat («Bund» vom 3. Februar). Wie immer war Konzernchef Nick Hayek bemüht, positive Stimmung zu verbreiten. So strichen er und seine Kaderleute die seit Anfang Jahr gestiegenen Verkäufe und die neusten Entwicklungen des Konzerns hervor.
Dazu gehört auch ein Produkt, das eigentlich nicht ins klassische Portfolio der Swatch-Gruppe gehört: der weltweit kleinste Computerchip mit einer Bluetooth-Verbindung. Mit dem Bluetooth-Standard kommunizieren heute diverse tragbare Geräte untereinander. Er wird für den Datenaustausch in kleiner Entfernung eingesetzt. Die Swatch-Gruppe will den Chip nicht primär bei Uhren einsetzen. Die Herstellerin, die Swatch-Tochter EM Microelectronics mit Sitz in Marin bei Neuenburg, ist eine etablierte Chip-Produzentin. Sie verkauft pro Jahr 1,5 Milliarden Mikrochips in die ganze Welt – an Hersteller von Fitnessarmbändern, von Unterhaltungselektronik und auch an die Maschinenindustrie.
Sensoren für ABB und Alkoholika
So hat EM Microelectronics letztes Jahr für ABB Sensoren entwickelt, welche die Leistung von Motoren überwachen. Mindestens ein Smartphone-Hersteller bezieht bei der Swatch-Tochter zudem Drucksensoren, wie es im Geschäftsbericht heisst. Auch gegen Fälschungen von Markenspirituosen und Medikamenten bietet das Unternehmen ein Produkt an: ein elektronisches Siegel, das Funksignale sendet, solange es intakt ist, also die Flasche oder Packung nicht geöffnet wurde.
Auch einige der Swatch-Uhren mit elektronischen Funktionen sind mit Komponenten von EM Microelectronics ausgerüstet. Nick Hayek spricht bei diesen Uhren gerne von Smartwatches. Doch von der Lancierung einer echten Computeruhr sieht er weiterhin ab, wie er am Donnerstag, 16. März sagte: «Wir wollen kein Telefon am Handgelenk.» Aber es gebe «interessante Funktionen», die «besser in eine Uhr als in ein Telefon passen». Konkrete Projekte stellte Hayek nicht vor, er betonte aber, dass es «eine Uhr bleiben muss» – womit er sich von der Anfang Woche vorgestellten neuen Smartwatch von TAG Heuer abgrenzte.
Weshalb arbeitet die Swatch-Gruppe dann, wie Anfang Jahr angekündigt, an einem «Swiss made»-Betriebssystem für kleine Objekte? Hayek stellte klar, dass das Betriebssystem wie auch die Mikrochips nicht primär für Uhren gedacht sind, sondern für alle möglichen Objekte, die im Internet der Dinge miteinander oder mit einem zentralen Computer kommunizieren. Es sei nicht gut, wenn zwei US-Konzerne die einzigen mobilen Betriebssysteme stellten, hielt Hayek fest. Gemeint sind Apple mit iOS und Google mit Android. «Wir machen ein Betriebssystem, das nicht mit der Cloud verbunden ist, sondern lokal kontrolliert ist.»
Der Konzernchef verwies dabei auf die Sensoren in den ABB-Maschinen, in Fitnessarmbändern oder in Schuhen (ohne die Idee weiter zu präzisieren). Auch Daten aus Spitälern seien mit dem in der Schweiz entwickelten Betriebssystem besser aufgehoben. Die Software entwickelt die Swatch-Gruppe zusammen mit dem CSEM, dem Schweizer Zentrum für Elektronik und Mikrotechnik in Neuenburg. Bereit stehen wird das System erst Ende 2018.
Verkauf kommt nicht infrage
Ein so wichtiges Geschäft wie die Uhren werden die elektronischen Komponenten nie werden. Sie werden «im besten Fall» 5 Prozent des Konzernumsatzes ausmachen, wie Hayek sagte. Heute sind es noch weniger – und auch der Hightech-Bereich musste letztes Jahr einen Umsatzrückgang von 10 Prozent hinnehmen. Laut Hayek liegt dies an der volatilen, unzuverlässigen Nachfrage der Hersteller von Unterhaltungselektronik. In der Finanzwelt sei ihm geraten worden, die Elektroniksparte der Swatch-Gruppe zu verkaufen. Doch das kommt Hayek nicht in den Sinn: Diese sei «Teil unserer Strategie», meinte der eigensinnige Konzernlenker.
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