Geldblog: Vorsorgen als SelbstständigeVorbezug oder Freizügigkeitslösung?
Wer sich selbstständig macht, darf sein PK-Geld beziehen. Inwieweit ein Vorbezug Sinn macht und welche Alternativen sich anbieten, sagt Geldexperte Martin Spieler.

Da ich selbstständig werde und im Ausland (Nicht-EU/EFTA-Land) lebe und arbeite, könnte ich mir das PK-Geld auszahlen lassen. Bisher plante ich eine Übertragung auf ein Freizügigkeitskonto, um es dort zu investieren. Aufgrund der schlechten PK-Meldungen und da Vorsorgefonds aufgrund der Turbulenzen enttäuschen, bin ich verunsichert. Würden Sie das Geld auszahlen lassen und gestaffelt individuell anlegen? Sollte ich die Gelegenheit nutzen, um das Vorsorgegeld aus der gebundenen Vorsorge herauszunehmen? Damit wäre ich bei einem Rückzug in die Schweiz flexibler hinsichtlich der Einzahlung in die PK und müsste die Vorsorgefonds nicht zu einem vielleicht ungünstigen Zeitpunkt mit Verlusten verkaufen. Oder ist die Freizügigkeitslösung vorzuziehen? Leserfrage von D.W.
Wenn man so wie Sie selbstständig wird und eine Einzelfirma hat, darf man bei seiner Pensionskasse eine vorzeitige Auszahlung der Gelder aus der Altersvorsorge beantragen. Der Bezug muss innerhalb eines Jahres nach Aufnahme der Selbstständigkeit getätigt werden. Würden Sie indes eine GmbH oder eine AG gründen, hätten Sie kein Anrecht auf einen solchen Vorbezug. Dies ist bei Ihnen aber nicht der Fall. Da Sie nicht in einem EU/EFTA-Staat leben, gibt es auch keine Einschränkungen für den Vorbezug.
Möglich sind für Sie entweder ein Vorbezug Ihrer Vorsorgegelder aus der Pensionskasse als Barauszahlung oder eine Überweisung des Altersguthabens auf eine Freizügigkeitslösung, wie Sie es ursprünglich angedacht haben. Eine Barauszahlung gibt Ihnen auf den ersten Blick viel Flexibilität. Allerdings tragen Sie auch ein beträchtliches Risiko: Wenn Sie das ausbezahlte Alterskapital später nicht mehr hätten, weil es aufgebraucht oder verspekuliert worden wäre, wären Sie im Alter mit einer schwierigen Situation konfrontiert. Sie hätten allenfalls nur noch die AHV zur Bestreitung Ihres Lebensstandards im Alter. Daher bin ich gegenüber einer Barauszahlung skeptisch.
Auch bei einer Freizügigkeitslösung ist es sinnvoll, wenn Sie das Kapital zumindest zu einem guten Teil investieren.
Meines Erachtens ist es wichtig, dass Sie auch mit der Aufnahme der Selbstständigkeit für eine starke Altersvorsorge sorgen. Immerhin könnten Sie als Selbstständigerwerbende ohne Pensionskasse stärker die steuerbegünstigte Säule 3a nutzen, was ich grundsätzlich empfehle. Selbstständige ohne Pensionskasse dürfen jährlich 34’416 Franken oder maximal 20 Prozent des Erwerbseinkommens in die Säule 3a einzahlen und dann bei den Steuern abziehen.
Bei einem Barbezug des PK-Geldes müssten Sie selbst dafür sorgen, dass Sie später eine gute Altersvorsorge haben und das Geld investieren, was angesichts der Börsenturbulenzen anspruchsvoll ist. Sie tragen im doppelten Sinne ein Risiko.
Weniger riskant finde ich es, wenn Sie das PK-Geld in eine Freizügigkeitslösung einbringen. Damit ist Ihre Altersvorsorge weiterhin gesichert. Dennoch ist es auch bei einer Freizügigkeitslösung sinnvoll, wenn Sie das Kapital zumindest zu einem guten Teil investieren. Denn auf einem Freizügigkeitskonto bringt Ihr Geld kaum Zins. Gleichzeitig nagt die Teuerung am Wert Ihres Geldes. Sie sollten auf dem Geld etwas Rendite erzielen, nur schon, um die Teuerung zu schlagen.
Wie Sie mir schreiben, werden Sie sicher noch einige weitere Jahre im Ausland bleiben und dort arbeiten und auch selbstständig bleiben. Sie haben somit einen Anlagehorizont für das Freizügigkeitsgeld von mehreren Jahren, was die Problematik der starken Börsenturbulenzen und gegenwärtigen Kursrückschläge etwas entschärft. Immerhin würden Sie jetzt bei den Vorsorgefonds im Rahmen einer Freizügigkeitslösung günstig einsteigen, was Ihnen allerdings keine Garantie gibt, dass die Kurse nicht noch mehr sinken,
Unter dem Strich sehe ich bei einer solchen Freizügigkeitsvariante ein deutlich besseres Chancen-Risiko-Verhältnis.
Wenn Sie unsicher sind, könnten Sie Ihr Vorsorgegeld beim Bezug aus der Pensionskasse auch splitten und auf zwei verschiedene Freizügigkeitskonten überweisen lassen. Sie müssten Ihrer Pensionskasse noch vor dem Bezug eine entsprechende Anweisung geben. Später ist ein solches Splitting nicht mehr möglich. Sie könnten Ihr Altersguthaben in den obligatorischen und den überobligatorischen Teil aufteilen lassen. Den obligatorischen Teil könnten Sie auf dem Konto bei einer sicheren Bank parkieren und einfach mal konservativ liegen lassen. Hier haben Sie zwar einen negativen Effekt aus der Teuerung, aber hätten dann wenigstens keine Buchverluste. Den überobligatorischen Teil könnten Sie dafür in Vorsorgefonds mit einem hohen Aktienanteil investieren. Hier würden Sie ein erhöhtes Risiko tragen, hätten aber auch deutlich bessere Renditechancen.
Unter dem Strich sehe ich bei einer solchen Freizügigkeitsvariante ein deutlich besseres Chancen-Risiko-Verhältnis als wenn Sie das Geld einfach aus der Vorsorge ganz herausnehmen. Sie sichern sich so weiterhin gut für Ihr Alter ab und haben eine gute Wahrscheinlichkeit, über mehrere Jahre hinweg einen positiven Ertrag auf Ihrem Vorsorgegeld zu erzielen. Das Splitting des Vorsorgegeldes bei der Übertragung auf zwei Freizügigkeitskonten hat übrigens noch einen anderen Pluspunkt: Sie sind später bei einem Bezug des Freizügigkeitsgeldes im Alter in der Lage, einen gestaffelten Bezug in unterschiedlichen Jahren vorzunehmen, was in vielen Kantonen Steuervorteile mit sich bringt.
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