Von Graffenried desavouiert die Stadt-SVP
Die SVP wollte wissen, warum die Vermittlung zwischen der Reitschule und der Polizei gescheitert ist. Aber der Stadtpräsident gibt die Akte der Sonntagspresse weiter.

Fragen der SVP hat der Berner Stadtpräsident Alec von Graffenried (GFL) offenbar nicht so gern – vor allem wenn es um die Reitschule geht. Ein Gesuch um Einsicht in die Protokolle der Gespräche zwischen der Stadt und der Reitschule ist seit letztem Oktober hängig. Die SVP hat deswegen nun eine Rechtsverzögerungsbeschwerde beim Statthalteramt eingereicht.
Nicht besser ging es im Fall eines weiteren SVP-Gesuches betreffend der gescheiterten Mission von Ex-Bundesrichter Hans Wiprächtiger, der zwischen der Reitschule und der Polizei vermitteln sollte. SVP-Fraktionschef Alexander Feuz hat Mitte Januar Einsicht in die Akten zur Auswertung der Vermittlungsarbeit von Wiprächtiger verlangt – die betreffende zwanzigzeilige Aktennotiz ist letzte Woche aber nicht bei der SVP, sondern beim «SonntagsBlick» gelandet.
Feuz hat sich daraufhin beschwert, worauf ihm die Notiz doch noch ausgehändigt wurde. Im Begleitschreiben entschuldigt sich von Graffenrieds Generalsekretär Blaise Kropf «für die Auslassung». Angesichts der Auskunft gegenüber dem «SonntagsBlick» wäre es «in der Tat angemessen gewesen, Ihnen die Notiz ebenfalls umgehend zugänglich zu machen», hielt Kropf fest.
«Fehler» oder Strategie der Stadt?
Von Graffenried selber spricht auf Anfrage von einem «Fehler». Es sei nicht um eine Bevorzugung des «SonntagsBlicks» gegangen. Vielmehr sei geplant gewesen, das «umfassende Akteineinsichtsgesuch» der SVP auf einmal zu beantworten. Die Recherche des Journalisten sei aber «dazwischengekommen». Und so habe man dessen Fragen «im Sinne unserer offenen Medienarbeit» beantwortet, sagt von Graffenried. Für SVP-Stadtrat Henri-Charles Beuchat ist diese Argumentation nicht sehr glaubwürdig.
Er ist der Autor der erwähnten Rechtsverzögerungsbeschwerde im Fall des Gesuches um Einsicht in die Protokolle der Reitschul-Gespräche. Hinter der mehr als zurückhaltenden Behandlung der SVP-Gesuche stecke eine Strategie der Stadt, vermutet Beuchat. Gemäss dem in der bernischen Verfassung verankerten Öffentlichkeitsprinzip müsste die Einsicht in Reitschul-Akten eigentlich gewährleistet werden. «Für die SVP hingegen gilt das Öffentlichkeitsprinzip in der Stadt Bern offenbar nur eingeschränkt.» Die Kontrollfunktion sei aber eine wichtige Rolle für die Opposition in einer Stadt, die sowohl im Gemeinderat als auch im Stadtparlament von den rot-grünen Parteien dominiert werde. «Ohne ein funktionierendes Öffentlichkeitsprinzip kann sie diese Rolle nicht mehr wahrnehmen», sagt Beuchat.
Inhaltlich bleibt unklar, warum die Stadt die Akten nur zögerlich und selektiv rausrückt. Das Scheitern der Vermittlung von Alt-Bundesrichter Wiprächtiger ist ebenso bekannt wie der Umstand, dass die Reitschule ein Treffen mit Vertretern der Polizei stets abgelehnt hat. In der Deutlichkeit neu ist allenfalls, dass Wiprächtiger den Grund für sein Scheitern im Einstimmigkeitsprinzip der Vollversammlungen, in den «intransparenten Machtstrukturen» in der Reitschule und in «lakonischen» Bemerkungen ausmacht, wie der Aktennotiz zu entnehmen ist.
So hätten Reitschulvertreter ihm gegenüber gesagt, dass ein «Abbruch der Übung» nicht so schlimm sei, schliesslich habe man schon manchen Stadtpräsidenten überlebt. Der amtierende Stadtpräsident zieht folgendes Fazit daraus: «Wichtig bleibt nach wie vor der Dialog.»
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