GP von FrankreichVerstappen nutzt das nächste Ferrari-Debakel
In Führung liegend, katapultiert Charles Leclerc seinen Ferrari in die Reifenstapel. Dank Patzern der Konkurrenz kommt Mercedes zum besten Ergebnis der Saison.

Und dann schnauft es nur noch. Ein, aus, ein, aus. Sekunden verrinnen. Ein, aus. Charles Leclerc sitzt in seinem Ferrari. 18 Runden lang hat er souverän geführt, hat sich gegen den starken WM-Leader Max Verstappen behauptet. Jetzt steckt der vordere Teil seines Autos im Reifenstapel. Leclerc holt Luft, und dann:
«Noooooooooooooooo.»
Ein Wort nur. Es erzählt so viel.
Von Hoffnungen. Und von Debakeln. Die Saison hatte aus Sicht von Ferrari so gut begonnen. Das Auto, das in Maranello gebaut wurde, konnte es aufnehmen mit dem Red Bull und erst recht mit dem Mercedes. Charles Leclerc, das filigrane Talent, startete mit einem Sieg. Es folgte Platz zwei und gleich nochmals ein Sieg. Doch dann begann der Kummer.
In Imola vergab Leclerc nach einer Drehung den Sieg, zwei Rennen später, in Spanien, musste er das Auto in Führung liegend stehenlassen. In Monaco wurde er von seinem Team zum falschen Zeitpunkt zum Reifenwechsel reingeholt. In Baku versagte der Motor – auch da lag der Monegasse in Führung. Und wenn das Auto mal lief, dann verhinderte Ferraris Rennstrategie ein besseres Resultat, wie zuletzt in Silverstone. Je älter die Saison wurde, je mehr Rennen gefahren waren, desto grösser wurde das Desaster in Rot.
Nun hatte dieses Wochenende so gut begonnen. Die Poleposition hatte sich Leclerc am Samstag mit einem cleveren Windschattenmanöver geholt, war hinter Teamkollege Carlos Sainz zur Bestzeit gerast. Sainz hatte sowieso keine Chance auf die Frontreihe: Weil an seinem Auto technische Komponenten getauscht wurden, musste er von ganz hinten starten.
Doch dann kam diese 18. Runde, Leclerc fuhr in die Kurve 11, verlor er das Heck, das Auto rutschte weg, drehte sich, der Monegasse war chancenlos.
In der Fahrerwertung liegt Leclerc nun bereits 63 Punkte hinter Max Verstappen. Der aktuelle Weltmeister und WM-Leader liess sich das erneute Geschenk der Scuderia nicht nehmen und fuhr den Sieg souverän nach Hause. Am Ende lag er 10 Sekunden vor dem zweitplatzierten Lewis Hamilton.
Hamilton erzielte in seinem 300. GP das beste Ergebnis dieser Saison. Für sich – und Mercedes. Denn mit George Russell auf Platz drei standen erstmals seit dem 5. Dezember 2021 wieder zwei Mercedes-Fahrer auf dem Podest.
Die Silberpfeile waren mit grossen Erwartungen nach Frankreich gekommen. Sie hatten ein umfangreiches Update-Paket im Gepäck und hofften, damit vor allem das sogenannte Porpoising, das Hüpfen des Autos, besser in den Griff zu bekommen. Nach dem Qualifying hatte sich aber die Ernüchterung breitgemacht. «Wir kamen hierher und dachten, wir fahren um den Sieg», sagte Teamchef Toto Wolff, «stattdessen sind wir jetzt weiter hinten als davor.»

Um den Sieg konnten sie nicht mitfahren, aber ihre Konkurrenz half mit, dass die einstigen Dominatoren doch von einem gelungenen Wochenende sprechen können. Drei Runden vor Schluss musste Alfa-Romeo-Fahrer Guanyu Zhou, an letzter Stelle liegend, sein Auto mit Motorenschaden abstellen. Die Bergung des Autos löste eine virtuelle Saftey-Car-Phase aus. Als die Strecke wieder freigegeben wurde, reagierte George Russell am schnellsten und setzte sich vor Sergio Pérez im Red Bull, mit dem er sich zuvor ein spannendes Duell geliefert hatte.
Ferraris verpatzter Boxenstopp
Und dann war da ja auch noch Carlos Sainz. Er hatte das Rennen in seinem Ferrari als Letzter in Angriff genommen, pflügte sich durchs Feld bis auf Rang vier. Doch genau in dem Moment, als er an Pérez vorbeizog, kam per Funk die Aufforderung, an die Box zu kommen. Das Team zog ihm neue Reifen auf. Sainz, der an der Box noch eine 5-Sekunden-Strafe absitzen musste wegen eines «unsafe release», kam nicht mehr an die vordersten Plätze ran und wurde am Ende Fünfter.
Auch er wird wohl die eine oder andere Diskussion im Team führen müssen. Genau wie Charles Leclerc. Als sich dessen Atmung wieder normalisiert hatte, er zurück an der Box war, erklärte er: «Ich habe im falschen Moment einen Fehler gemacht. Ich habe versucht, Druck zu machen, und habe dabei das Heck verloren. Das ist inakzeptabel.»
DPA
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