«Überhaupt nicht schlimm!»
Der neue Polizeidirektor Philippe Müller (FDP) kritisiert die Verkehrspolitik der Stadt Bern und erklärt, warum es ein Rückreisezentrum für abgewiesene Asylbewerber braucht.

Herr Müller, als ehemaliger Manager sind Sie sich lange Arbeitstage gewöhnt. Wie schlimm ist es als Regierungsrat und Polizeidirektor?
Überhaupt nicht schlimm! Ich bin in der Regel vor sieben Uhr im Büro und gehe auch mal nach neun nach Hause. Es ist intensiv, aber es «fägt», da ich die Arbeit als sinnvoll empfinde.
Wie ist die Stimmung an den wöchentlichen Regierungsratssitzungen?
Wir sind nicht immer gleicher Meinung, aber die Stimmung empfinde ich als sehr gut.
Geben die Bürgerlichen den Tarif durch?
Es wird nicht immer streng nach Parteibuch diskutiert. Es kommt schon auch vor, aber oft werden die Fragen nicht entlang eines Links-rechts-Schemas entschieden.
Bei Ihrer Halbjahresbilanz kritisierten Sie das Vorhaben der Berner Stadtregierung, auf der Monbijoubrücke eine 30er-Zone einzurichten. Warum?
30er-Zonen machen in Wohnquartieren durchaus Sinn. Aber die Monbijoubrücke ist eine halbe Autobahn und hat ein hohes Trottoir. Zudem nimmt im Kanton Bern die Zahl der Fahrzeuge stetig zu. Wir haben heute im Kanton Bern erstmals über 800000 Fahrzeuge. Einfach den Verkehr überall zu verlangsamen, ist nicht immer die beste Lösung, denn die Fahrzeuge sind immer noch da.
Als Polizeidirektor werfen Sie dem Berner Gemeinderat vor, bei der Reitschule zu wenig gegen Gewalt vorzugehen. Was ist Ihr Lösungsvorschlag?
Er sollte endlich wirksame Massnahmen ergreifen. In Bern heisst es immer, die Reitschule habe bereits sechs Mal eine Abstimmung gewonnen – aber wir haben nie über Gewalt abgestimmt. Ich habe nichts gegen den Betrieb, was die Reitschule für Veranstaltungen macht, ist mir egal. Aber ich verstehe einfach nicht, warum man in Bern Gewalt gegen Polizisten akzeptiert. Wir fordern beispielsweise völlig moderate Massnahmen wie die Erkennbarkeit des Sicherheitsdienstes der Reitschule, wie es überall sonst üblich ist.
Ein weiterer Streitpunkt ist die Umwandlung des ehemaligen Jugendheims in Prêles in ein Rückreisezentrum für abgewiesene Asylbewerber. Warum braucht es dieses Zentrum?
Wer einen negativen Asylentscheid erhalten hat, bekommt vom Kanton nur noch Nothilfe. So steht es in der neuen Asylgesetzgebung, die das Volk nach langem Abstimmungskampf angenommen hat. Um diese Nothilfe auszurichten und die Leute unterzubringen, braucht es ein Zentrum mit Infrastruktur.
Die Schweizerische Flüchtlingshilfe rechnet damit, dass viele Personen im Rückreisezentrum landen werden, die gar nicht ausgeschafft werden können. Wie lange sollen sie dort bleiben?
Idealerweise gehen sie irgendwann freiwillig zurück in ihr Herkunftsland. Es ist auch eine Folge der neuen Asylverfahren, dass man den Aufenthalt von abgewiesenen Asylbewerbern nicht noch attraktiv gestalten will.
Ungemütlich ist es auch in den Berner Gefängnissen. In Biel verschimmelt das Regionalgefängnis.
In Biel sind Massnahmen geplant, damit das Gefängnis noch zehn Jahre in Betrieb sein kann. Danach muss es ersetzt werden.
In der Vollzugsanstalt Thorberg war das Personal unzufrieden, und es gab viele Kündigungen. Hat sich das Arbeitsklima inzwischen verbessert?
Es wäre vermessen, bereits zum heutigen Zeitpunkt eine Aussage zu machen. Der von mir eingesetzte Coach und der Direktor des Thorbergs arbeiten daran.
So oder so braucht es mehr Platz für Häftlinge. Wo soll das neue Gefängnis gebaut werden?
Die Standorte müssen auf der Basis der Justizvollzugsstrategie und des darauf aufbauenden Masterplans sorgfältig analysiert werden. Wir benötigen sicher mittelfristig den Ersatz des Regionalgefängnisses Biel in der Region Biel.
Sie sagten, die Berner Polizei sei punkto Cyberkriminalität gut aufgestellt. Wurden für die Überwachung des Darknet mehr Polizisten eingestellt?
Den letzten Aufstockungsbeschluss gab es vor über 10 Jahren, nur gut die Hälfte davon wurde schliesslich umgesetzt. Kommen nun neue Aufgaben hinzu, muss man entweder mehr Leute einstellen, oder andere Aufgaben oder Regionen vernachlässigen. Durch das neue Polizeigesetz hätten wir aber mehr Möglichkeiten zur Bekämpfung der Pädophilie im Darknet. Und natürlich arbeiten wir bei Cyberkriminalität eng mit Sicherheitsbehörden aus anderen Kantonen zusammen.
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