SVP sucht öffentlich ihre Meinung
Die SVP macht aus der Not eine Tugend: Der interne Richtungsstreit über die Konsequenzen aus der Bankenkrise wird öffentlich ausgetragen. Vizepräsident Blocher bleibt bei seiner Forderung nach Staatseingriffen. Sein Kontrahent Hans Kaufmann kämpft für die Freiheit der Finanzbranche.
Die Übungsanlage glich gestern einem Podiumsgespräch zur Frage: «Wie ist die Bankenkrise zu bewältigen?» Tatsächlich handelte es sich um eine Medienorientierung der SVP, an der die konträren Vorschläge von Parteileitung und Wirtschaftsexponenten dargelegt wurden. Kohärente Konzepte zur Bewältigung der «völlig neuen Situation» gebe es in der Politik nicht, sagte Präsident Toni Brunner. Die Welt sei nach der Finanzkrise und dem milliardenschweren staatlichen UBS-Hilfspaket auch für die SVP nicht mehr dieselbe. Blocher und mit ihm die Parteileitung verärgerten letzte Woche Wirtschaftexponenten der Partei mit der Forderung nach Einsitznahme eines Staatsvertreters im UBS-Verwaltungsrat sowie nach einem Lohnkorsett fürs Management der Grossbank. Der heftigste Widerspruch kam von Nationalrat Hans Kaufmann (ZH), früher Finanzanalyst bei der Bank Julius Bär. Die neuerlichen Dissonanzen zwischen Blocher und Vertretern des Wirtschaftsflügels liessen die Frage aufkommen, wer in der SVP das Sagen habe. «Es gibt kein Konzept Kaufmann», sagte Blocher gestern.Die Rettung ist SozialismusDie gestrigen Medienorientierung liess kaum Zweifel aufkommen, dass Blocher in der Bankenfrage den Ton angibt. Kaufmann verteidigte wacker seine wirtschaftsliberale Linie, den Ton gab jedoch Blocher an. Dieser rechtfertigte seine Forderungen nach staatlichen Eingriffen bei der Grossbank UBS erneut mit den ausserordentlichen Umständen. Faktisch habe der Bund mit seiner Stützungsaktion eine Staatsgarantie abgeben müssen. Diese Garantie erstrecke sich auch auf die zweite Grossbank, die Credit Suisse, welche wie die UBS zu gross und bedeutend für die Schweizer Volkswirtschaft sei, um sie Konkurs gehen lassen. Wer der SVP nun Sozialismus vorwerfe, begreife die Lage nicht. «Der Sozialismus beginnt mit der Rettung, nicht mit den Konsequenzen.» Erneut forderte Blocher gesetzliche Vorschriften, welche untragbaren Risiken für die Schweizer Volkswirtschaft minimierten. So könnte man künftig eine Grossbank auch pleitegehen lassen. Per Gesetz sei den Banken vorzuschreiben, dass sie die Bankaktivitäten in den einzelnen Ländern mit Tochtergesellschaften vornehmen müssten. So würde etwa bei grossen Verlusten im Investmentbanking in den USA die Schweizer UBS nicht mehr in Mitleidenschaft gezogen. Die entsprechende Motion reichte die SVP im Oktober ein. Kaufmann, der «Abweichler»Nicht abrücken will Blocher auch von der Forderung nach einem Aufsichts- und Kontrollrecht des Staates, was von namhaften Fraktionsmitgliedern wie Kaufmann oder Peter Spuhler (TG) kritisiert wird. Blocher will die Löhne des UBS-Managements analog zu den in Bundesbesitz befindlichen Unternehmen regeln, also wie bei Swisscom, Post oder SBB. Weil der Bund wegen der Pflichtwandelanleihe zum UBS-Grossaktionär werde, müsse die Eidgenossenschaft einen wirtschaftlich erfahrenen Vertreter in den Verwaltungsrat entsenden. Kaufmann gab sich die Rolle des «Abweichlers» und hielt allen Forderungen seine eigenen entgegen. Er verwies auf das SVP-Parteiprogramm, das sich gegen «zwangsstaatliche Vorschriften und Intervetionismus» ausspreche. Der Staat habe über die Finanzmarktaufsicht Finma genügend Möglichkeiten, um etwa die Löhne zu regulieren. Aus dem operativen Tagesgeschäft von Privatunternehmen habe sich der Staat herauszuhalten, ebenso aus dem Verwaltungsrat. Kaufmann ist zudem der Auffassung, dass eine neue Unternehmensorganisation die Systemrisiken nicht aus der Welt schaffen kann. Die Grossbanken müssten einzelne Geschäftszweige komplett aufgeben und ihre Bilanzsumme reduzieren. Formell werden die Fraktion und Ende März die Delegiertenversammlung der SVP die Positionen klären. Es ist allerdings anzunehmen, dass die Bundeshausfraktion in den wesentlichen Punkten Blochers Linie folgt. Diese wird die SVP dann in der parlamentarischen Sonderdebatte im März zur Bankenkrise vertreten. >
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