
Das, was die Schweizer Nati-Spielerinnen bislang an der Fussball-EM in den Niederlanden boten, war desolat und beherzt, peinlich und beeindruckend, überraschend schlecht und überraschend gut – genau so, wie man sich das von der Schweizer Nati der Männer gewohnt ist.
Nach der ersten Turnierwoche vor dem Fernseher lässt sich also sagen: So grundverschieden, wie Kritiker gerne stänkern, ist Frauen- und Männerfussball nicht. Ein paar Unterschiede gibt es aber trotzdem. Daran erkennt man, dass die weibliche Schweizer Fussball-Nati spielt:
- wenn nicht Sascha Ruefer das Spiel kommentiert.
- wenn schon nach ein paar Spielminuten der erste hochrote Kopf über das Spielfeld trottet (wie man es sonst nur an Volksläufen im Hochsommer zu Gesicht bekommt) und man sich fragt, wie das auf diesem Niveau überhaupt möglich ist.
- wenn man während des Spiels plötzlich denkt: Das sieht ja richtig athletisch aus.
- wenn der Schiri eine Frau ist.
- wenn es mindestens einen Fallrückzieher pro Spiel gibt.
- wenn mehr Frauen und Babys im Publikum sitzen als Männer (ausser, wenn die isländische Nationalmannschaft spielt. Dann ist das Verhältnis von Frauen und bärtigen Männern unter den Fans nahezu ausgeglichen).
- wenn man nicht 100-prozentig weiss, wie die Person heisst, die gerade ein Goal geschossen hat.
- wenn nach einem Goal der Schweizer Nati keine jubelschreienden Nachbarn zu hören sind.
- wenn diejenigen, die nach einem Zusammenstoss auf dem Boden liegen bleiben und gequält das Gesicht verziehen, mit hoher Wahrscheinlichkeit auch tatsächlich etwas haben, das objektiv wehtut.
- wenn man beeindruckt nickt, wenn jemand hart in den Zweikampf steigt und nicht augenverdrehend den Kopf schüttelt.
- wenn diejenigen, die ausgewechselt werden, von der Trainerin einen Klaps auf den Popo bekommen.
- wenn jemand co-kommentiert, der nicht Günter Netzer ist, sondern eine Frau, die offensichtlich viel Ahnung hat und die erfrischende Dinge sagt: «Ich möchte jetzt ein paar schöne Fouls sehen.»
- wenn nicht alle 22 auf dem Platz so spielen, als wären sie im Spitzensport tätig.
- wenn die Frisuren nicht der Rede wert sind.
- wenn man kein Panini-Album auf dem Schoss liegen hat, weil man gar nicht wusste, dass es ein Panini-Album für die Fussball-EM der Frauen gibt.
- wenn keine Bundesräte und hochrangigen Fussballfunktionäre oder Prominente (mit Ausnahme von König Willem-Alexander und Königin Maxima der Niederlande) auf der Tribüne sitzen.
- wenn es kaum Schwalben gibt (und wenn, diese dann mindestens so theatralisch aussehen wie bei den Männern).
- wenn in der Pause Alain Sutter nicht kommt.
- wenn Goalies nach einer kassierten Kiste ein paar Tränlein vergiessen.
- wenn Bälle manchmal eher Richtung Himmel fliegen statt Richtung Tor.
- wenn klaffende Wunden direkt auf dem Feld genäht werden und die verletzte Person weiterspielt, als wäre nichts.
- wenn das medizinische Personal, das auf den Platz rennt, so aussieht, als sei es sich bewusst, dass es möglicherweise im Fernsehen zu sehen sein könnte.
- wenn es kaum Diskussionen mit der Schiri gibt.
- wenn die Stadien viel kleiner sind als sonst und die Plätze hinter dem Goal trotzdem leer bleiben (was aber kaum auffällt, weil da riesige Stoffbanner über den gesamten Sektor gespannt sind).
- wenn sich gleich mehrere im Team voller Einsatz durchs halbe gegnerische Feld pflügen und nicht nur ein Einzelner wie Valon Behrami.
- wenn die Stimmung im Stadion friedlich und fair ist.
- wenn die Stimmung auf dem Feld hart und ziemlich fair ist.
- wenn es zwischendurch ein paar Aktionen gibt, bei denen man sich fragt, ob das wirklich die Europameisterschaft sein kann.
- wenn man so fest so mitfiebert, dass man gar nicht merkt, dass da keine Männer spielen.
- wenn nach Spielende kein tutender Auto-Korso zu hören ist.
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Männerfussball und Frauenfussball seien zwei verschiedene Sportarten, heisst es. Tatsächlich? Erkenntnisse nach der ersten Fussball-EM-Woche.