Angst vor «Container-Wüste»Streit über Berner Farbsack-Abfallsystem
Das Farbsack-Trennsystem ist im Berner Stadtrat umstritten. Teile des Parlaments fürchten sich vor zu vielen Containern in der Stadt oder von zu hohen Zusatzkosten.

Das Farbsack-Trennsystem ist im Berner Stadtrat umstritten. Die bürgerlichen Parteien, aber auch Teile der Ratslinken tun sich schwer mit den geplanten Neuerungen.
Auf Kritik stösst unter anderem die Vorschrift, dass vor allen Wohnhäusern künftig zwei Container stehen müssen – einer für Haushaltkehricht und einer für Separatabfälle. Bern drohe zu einer «Container-Wüste» zu verkommen, mahnte etwa Ursula Stöckli (FDP) in der ersten Lesung vom Donnerstag.
Die Mitte- und die SVP-Fraktion wollten gar nicht aufs Geschäft eintreten. Ihre Anträge wurden aber deutlich abgelehnt, ebenso wie eine Reihe von Rückweisungsanträgen der SVP. Weitere Entscheide zur Ausgestaltung der Vorlage fallen erst in der zweiten Lesung. Das letzte Wort haben anschliessend die Stimmberechtigten.
Zwei Möglichkeiten
Die Bürgerinnen und Bürger sollen künftig die Wahl haben, wie sie Separatmüll wie Glas, Büchsen, PET-Flaschen und Plastikverpackungen entsorgen. Sie können sie weiterhin zu den Abfallsammelstellen bringen; das kostet sie nichts.
Oder aber sie kaufen verschiedenfarbige Säcke, füllen dort ihre Separatabfälle ein und werfen sie in einen Container vor ihrer Liegenschaft. Papier und Kartons können sie lose im Farbsack-Container deponieren.
Der Hauskehricht wird unverändert in – ebenfalls kostenpflichtigen – blauen Säcken gesammelt. Diese können aber nicht mehr einfach vors Haus gestellt werden, sondern müssen ebenfalls in einem Container deponiert werden.
Die zwei Container stellt die Stadt gratis zur Verfügung. Sie müssen auf privatem Grund aufgestellt werden. Wo dies nicht möglich ist, will die Stadt gegen ein Entgelt einen Platz auf öffentlichem Grund anbieten.
Gemischte Reaktionen
Für die Vorlage warben die Fraktionen der GLP/JGLP, der GFL/EVP, der SP/Juso sowie Teile der GB/JA- und der Freien Fraktion. Das neue System erleichtere die Arbeit der Entsorgungsdienste, und die Bürgerinnen und Bürger könnten ihre Abfälle entsorgen, wann immer sie dies wollten. Die Ökobilanz werde sich verbessern.
Anders sehen es SVP-, FDP/JF- und Mitte-Fraktion, aber auch Mitglieder der GB/JA- und der Freien Fraktion. Das heutige System funktioniere bestens. Es dürfe nicht sein, dass ältere und gehbehinderte Leute den Abfall nicht mehr einfach vors Haus stellen können, sondern ihn womöglich einige Hundert Meter weit bis zum nächsten Container tragen müssen.
Dass das Ganze funktionieren werde, sei fraglich, zumal sich nicht jeder die zusätzlichen Kosten für die Farbsäcke leisten könne oder wolle. Auch die Stadt Bern komme die Neuerung teuer zu stehen.
Abstimmungsvorlage
Die Einführung des Farbsack-Systems erfordert zwei Kredite: einen Investitionskredit für die flächendeckende Einführung von Containern und für Softwareanpassungen in der Höhe von 7,7 Millionen Franken sowie einen Verpflichtungskredit für die Einführungskosten von 3 Millionen Franken. Die Finanzierung läuft nicht über Steuergelder, sondern über die Sonderrechnung Entsorgung + Recycling.
Gemeinderätin Marieke Kruit (SP) wies darauf hin, dass ein Pilotversuch erfolgreich verlaufen sei. Die Containerpflicht gebe es schon in anderen Städten, ohne dass Probleme aufgetaucht wären. Der Vorteil sei zudem, dass die blauen Kehrichtsäcke aus dem Stadtbild verschwinden würden.
Sage das Volk Ja, werde das System ab Mitte 2022 schrittweise fast in ganz Bern eingeführt, erklärte Kruit. Ausgenommen ist die Innenstadt. Dort sind die Platzverhältnisse zu eng.
SDA/nfe
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