«Stehplätze wenn möglich vermeiden»
Doppelstockwagen sind laut dem BLS-Chef Bernard Guillelmon im Moment die einzige Lösung für Engpässe im Berner S-Bahn-Netz. Er nimmt Stellung zum Sicherheitsrisiko bei einem S-Bahn-Zug und appelliert an die Verantwortung der Passagiere.
«Bund»:Jahrelang stellte sich die BLS gegen Doppelstockwagen, unter Ihrer Führung wollen sie nun solche kaufen. Wieso kommt diese Kehrtwende gerade jetzt?Bernard Guillelmon:Es hat nicht direkt mit meinem Amtsantritt zu tun, sondern mit den nächsten Erweiterungsschritten der Berner S-Bahn. Nach einer umfassenden Studie kamen wir zum Schluss, dass Doppelstöcker mit der heutigen Infrastruktur die beste Lösung für Kapazitätsprobleme auf den stark frequentierten Linien sind. Ist es auch ein Bruch mit Ihrem Vorgänger Mathias Tromp, welcher dies noch 2005 ablehnte? Es ist wohl eher eine pragmatische Lösung. Innert nützlicher Frist können wir die Infrastruktur nicht weiter ausbauen, daher sind die Doppelstockwagen im Moment die einzige gute Wahl. Der Wechsel bringt zwar einige Nachteile für die Passagiere beim Ein- und Aussteigen. Aber wenn es den SBB auf der Zürcher S-Bahn gelungen ist, schaffen wir das auch in Bern. Früher bot die BLS den Passagieren jeweils mehr Komfort als die SBB. Heute sind die Platzverhältnisse in den S-Bahn-Zügen Nina sehr beengt. Wollen Sie das mit den Doppelstockwagen wieder ändern?Unser Ziel ist die Kapazität generell zu erhöhen, also mehr Sitzplätze, aber auch gute Stehplatz-Verhältnisse zu schaffen. Man hat immer Fahrzeuge beschafft und ist von 20 Prozent Reserve an Sitzplätzen ausgegangen. In der Realität sind die Frequenzen aber sehr viel stärker gestiegen als prognostiziert.Werden die Doppelstockwagen einen Niederflur-Einstieg haben, etwa für Kinderwagen?Ja, es werden Züge mit Niederflur-Einstieg sein, sonst wird dies von den Kunden nicht akzeptiert.War es rückblickend ein Fehler, nicht bereits beim Start der S-Bahn auf Doppelstöcker zu setzen?Die BLS setzte als erste Bahn der Schweiz konsequent auf Niederflur-Züge, das war ein richtiger Entscheid. Der Kanton und die BLS waren aber sicher erstaunt darüber, wie rasch die Frequenzen zugenommen haben. Wir haben aber aus der Vergangenheit gelernt. Jetzt wollen wir nicht nochmals in Rollmaterial investieren, welches bereits nach drei Jahren nicht mehr genug Kapazität bietet. Bestellen Sie die neuen Züge bei Bombardier, wo Mathias Tromp im Verwaltungsrat sitzt?Es wird ein normales, offenes Beschaffungsverfahren geben.Laut der BLS sind Stehplätze für Fahrten bis zu einer Viertelstunde zumutbar. Soll sich dies nun wieder ändern?Als Bernmobil-Kunde stehe ich täglich im Bus. Da stellt sich die Frage, ob ein Stehplatz von Ostermundigen nach Bern nicht auch im Zug zumutbar ist. Wir versuchen, das so weit als möglich zu vermeiden, können es aber nicht garantieren. Beim Zug der Deutschen Bahn, welcher als Ersatz für verspätetes Rollmaterial auf der S-Bahn fährt, öffnen die Türen beim Aussteigen auch auf die falsche Seite. Besteht für die Passagiere ein Risiko?Theoretisch ja, deshalb machen die Lokomotivführer bei jedem Halt eine Ansage, zudem haben wir pro Zug zwei Begleiter und haben bei jeder Türe Hinweistafeln angebracht. Damit sollen die Passagiere sauber informiert und Unfälle verhindert werden. Aus technischen Gründen war diese Übergangslösung aber nicht zu vermeiden. Sie entspricht auch den Sicherheitsvorschriften des Bundesamts für Verkehr.Dennoch: Ist es nicht fahrlässig, solch einen Zug einzusetzen? Bei einem Unfall wäre der Schaden für die Bahn gross.Mit unseren Massnahmen und einer klaren Information sollten wir das Problem im Griff haben. Ich appelliere aber eindeutig auch an die Verantwortung der Passagiere.Mitten in der Wintersaison im Oberland sind die neuen Lötschberger-Züge weiterhin verspätet. Wann rechnen Sie mit einer Entspannung beim Regioexpress ins Oberland?Unser Ziel ist es, bis Ende März alle Lötschberger zu haben. Es kam zwar zu technischen Problemen, die Erfahrungen der letzten beiden Wochen sind aber positiv. War Ihre Planung nicht etwas gar optimistisch?Im März werden wir eine interne Analyse vornehmen. Diese soll zeigen, wie in Zukunft solche Probleme vermieden werden können. Es ist klar nicht akzeptierbar, auf dem Buckel der Kunden solche Probleme auszubaden. Jetzt versuchen wir aber, daraus das Beste zu machen. Deshalb sind wir bereits jetzt an der Planung für den Kauf der Doppelstockwagen.
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