Stadt muss über Stromdeal Auskunft geben
Die Wettbewerbskommission (Weko) will vom Gemeinderat wissen, warum er auf eine Ausschreibung der Stromlieferung für Bernmobil verzichtet.

Der Gemeinderat will nicht, dass Bernmobil seinen Strombedarf ausschreibt. In aller Stille wollte er den Verwaltungsrat der Verkehrsbetriebe dazu bewegen, auf die bereits beschlossene Ausschreibung des 2-Millionen-Franken-Auftrags zu verzichten. Dies aufgrund einer «jahrelangen engen Partnerschaft mit EWB», wie Gemeinderätin Ursula Wyss (SP) im Frühjahr gegenüber dem «Bund» sagte. Dass Bernmobil dafür womöglich überhöhte Strompreise bezahlt, hat sie allerdings nicht erwähnt.
Seit dem Publikwerden des «Stromdeals» muss sich der Gemeinderat nun aber verschiedentlich rechtfertigen – unter anderem gegenüber der eidgenössischen Wettbewerbskommission (Weko). Im Rahmen einer Aufsichtsbeschwerde gegen den Gemeinderat hatte Stadtrat Henri-Charles Beuchat (SVP) die Weko unter anderem ersucht, die «missbräuchliche Wettbewerbsumgehung» zu verhindern und zu sanktionieren. Die Weko hat nun offenbar beschlossen, auf die Beschwerde Beuchats einzutreten. Sie hat den Gemeinderat um Auskünfte zum Sachverhalt gebeten, wie aus einem Schreiben hervorgeht, das dem «Bund» vorliegt.
Weko-Beschwerde möglich
Zum konkreten Fall kann die Kommission keine Auskünfte erteilen. Sprecher Frank Stüssi weist zudem darauf hin, dass die Weko in diesem Fall auch keine Sanktionen verhängen könne, wie sie das bei Verstössen gegen das Kartellgesetz tun könnte. Im Fall Bernmobil/EWB könne die Kommission bloss eine Empfehlung abgeben, sagt Stüssi. Zudem habe sie die Möglichkeit, gegen «ungerechtfertigte freihändige Vergaben oder den Verzicht auf Ausschreibungen» Beschwerde zu erheben. Das Damoklesschwert einer Beschwerde könnte der Stadt Beine machen beim Umsetzen einer allfälligen Empfehlung der Weko. «Die Beschwerdemöglichkeit führt dazu, dass die öffentliche Hand ein Interesse am Befolgen einer Empfehlung hat», hält Stüssi fest.
«Der Gemeinderat hat der Weko die gewünschten Auskünfte zukommen lassen.»
Berns Stadtpräsident Alec von Graffenried (GFL) scheint das aber nicht gross zu beunruhigen. Er lässt via Stadtschreiber mitteilen, dass der Gemeinderat der Weko die gewünschten Auskünfte bereits erteilt habe. Ob der Gemeinderat eine allfällige Empfehlung der Weko auch dann befolgen würde, wenn sie eine Pflicht zur Ausschreibung der Stromlieferung beinhalten würde, bleibt unklar.
Ein Kniff soll helfen
Der Gemeinderat hofft, die wettbewerbs- und beschaffungsrechtliche Problematik mit einem Kniff umgehen zu können. So gab er den Anstoss zur Bildung eines Gremiums aus Vertretern beider Unternehmen. Unter Beizug eines externen Juristen und der Stadtkanzlei klärt dieses seit Anfang Mai ab, ob die Ausschreibung mit einer «strategischen Rahmenvereinbarung» umgangen werden könnte, die auch die Lieferung elektrischer Energie beinhaltet. Über den Stand dieser Abklärungen gibt von Graffenried ebenfalls keine Auskunft. Ein Abschlusstermin der Arbeiten, so der Stadtpräsident, sei «nicht festgelegt».
Aufsicht wartet ab
Am Ergebnis dieser Abklärungen ist auch die Aufsichtskommission des Berner Stadtrates (AK) interessiert, sagt Präsident Bernhard Eicher (FDP). Sie hat ihre Aktivitäten in der Sache nach einer Befragung von Gemeinderätin Wyss fürs Erste sistiert. Dabei konnte Wyss die Parlamentarier unter anderem davon überzeugen, dass der Gemeinderat die wettbewerbsrechtlichen Aspekte einer Rahmenvereinbarung zwischen Bernmobil und EWB «zur Genüge» abgeklärt habe.
Die rechtliche Beurteilung der Frage, ob die Stadt mit dem Verzicht auf die Ausschreibung des Stromliefervertrages gegen Wettbewerbsrecht verstosse oder nicht, sei nicht Aufgabe der stadträtlichen Aufsichtskommission, sagt Eicher. «Das muss nun die Weko abklären.»
Das Kohlestrom-Gespenst
Seit der teilweisen Liberalisierung des Strommarktes vor zehn Jahren wären stadteigene Unternehmen verpflichtet, ihren Strombedarf auszuschreiben. Die Basler Verkehrsbetriebe sind bisher die einzigen städtischen Verkehrsbetriebe in der Schweiz, die dem nachgekommen sind.
Der Verwaltungsrat von Bernmobil hatte die Ausschreibung des Stromliefervertrages im November letzten Jahres beschlossen. Der Gemeinderat pfiff ihn allerdings zurück und hat stattdessen ein engeres Zusammengehen von den beiden Unternehmen verlangt. Stadtpräsident von Graffenried wies den Vorwurf des Protektionismus stets zurück. «Niemand würde verstehen, wenn die Stadt deutschen Kohlestrom beziehen würde, um die Trams zu betreiben», sagte von Graffenried.
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