Cool, diese Thuner
Das 3:1 in St. Gallen ist kein Produkt des Zufalls, sondern der Lohn für Effizienz und Abgeklärtheit. Überschwänglich reagieren aber weder Spieler noch Trainer.

Als sich Thuns Sportchef Andres Gerber am Samstag nach dem Mittag ins Auto setzt und auf die Reise in die Ostschweiz macht, meldet er: «Ich bin gespannt, wie sich die Mannschaft in den nächsten Monaten ohne Dennis Hediger schlagen wird.» Um rasch nachzuschieben: «Ich mache mir aber keine Sorgen.» Hediger ist der Captain. Und er fehlt. Nicht bloss in St. Gallen, wo er ohnehin wegen einer Sperre hätte zuschauen müssen, nein, er fehlt nach einem Kreuzbandriss ziemlich lange.
So sieht Zielstrebigkeit aus
Als der Abend im Kybunpark zu Ende geht, ist Gerbers Laune vorzüglich. «Cool, nicht wahr?», sagt er mit einem Strahlen im Gesicht. Zum Vorschein kommt die Erleichterung darüber, dass die Thuner die erste Prüfung ohne ihren Antreiber auf dem Feld tadellos gemeistert haben. Das 3:1 ist die nächste Erfolgsmeldung. Sieben Punkte in den ersten drei Spielen des Jahres, das zeugt von Robustheit.
Auf dem Weg zum Erfolg in St. Gallen wird vieles richtig gemacht. Eine Viertelstunde lang ist es noch holperig, Stefan Glarner wird später anmerken: «Wir sind schlecht ins Spiel gekommen.» Mit Selbstkritik wird generell nicht gespart, auch Trainer Marc Schneider missfällt der Start: «Wir haben dem Gegner zu viele Freiräume gewährt.» Heikel wird es in der 15. Minute, als plötzlich Vincent Sierro allein vor Guillaume Faivre auftaucht. Aber Thuns Goalie lässt sich nicht irritieren – ihm gelingt die wichtigste Parade der Partie.
Dem Gast gelingt die Korrektur sehr rasch. Seine Organisation stimmt, die Solidarität fällt auf, der Plan des Chefs wird befolgt: Auf Zauber soll verzichtet, dafür der direkte Weg in den gegnerischen Strafraum eingeschlagen werden. Ein Musterbeispiel dafür: das 1:0. Glarner schlägt den Pass in die Tiefe, Dejan Sorgic übernimmt und schliesst souverän mit einem Heber ab. So sieht Zielstrebigkeit aus.
Thun bleibt zäh und bemerkenswert unaufgeregt, und Thun kommt zu Chancen. Basil Stillhart verpasst das 2:0 vor der Pause, sein Kopfball fliegt an die Latte; Sorgic lässt danach eine vorzügliche Chance aus. Aber das 2:0 fällt gleichwohl und unter gütiger Mithilfe des Gegners. Nicolas Lüchingers Befreiungsschlag landet am Körper seines Goalies Dejan Stojanovic und von dort im Tor.
Die Klasse von Sorgic
Das Restprogramm bewältigen die Berner Oberländer abgeklärt, selbst St. Gallens Trainer Peter Zeidler attestiert ihnen «eine reife Leistung». Dass sie am Ende noch ein Gegentor zulassen, ändert nichts am Urteil. Aber die Thuner verwalten nicht bloss den Vorsprung, sie haben auch Lust am Spiel, am Toreschiessen. Das demonstrieren sie nach 70 Minuten, als das 3:0 fällt, ein wunderbares Tor ist es.
Matteo Tosetti bereitet es vor, Sorgic realisiert es, indem er zuerst den Ball perfekt annimmt und volley abschliesst. Beim Jubel holt er sich ein Trikot mit der Nummer 17 und hält es in die Höhe: Es ist ein Gruss an Dennis Hediger, der normalerweise dieses Leibchen trägt. Unter der Woche hat Sorgic mit dem Physiotherapeuten abgemacht, dass er nach einem Torerfolg das Trikot an der Seitenlinie abholen möchte. Nach dem 1:0 hat er es «noch vergessen», wie er sagt. Für Sorgic hat die Mannschaft gut auf Hedigers Ausfall reagiert, sie hat auch den verletzungsbedingten Ausfall von Karlen verkraftet: «Wir sind noch näher zusammengerückt.»
Sorgic ist mittlerweile bei 14 Saisontoren angelangt, der 29-Jährige hat auch in St. Gallen wieder Werbung für sich gemacht. Aber hinterher tönt es von ihm nicht anders als von seinen Kollegen, auch von seinem Trainer. Sie arbeiten den zehnten Meisterschaftssieg wohltuend sachlich auf, von Überschwang keine Spur. «Es war nicht der optimale Match von uns. Wir benötigen schon auch etwas Glück», findet Sorgic. Und Marc Schneider sagt: «Spielerisch wars nicht brillant. Aber kämpferisch war das einwandfrei.»
Irgendwie machen die Thuner das ganz cool, um den Ausdruck von Gerber zu verwenden. Das wird sich auch Thorsten Fink gedacht haben, der in St. Gallen als Zuschauer auf der Tribüne sitzt. Er ist mit seinen Grasshoppers am kommenden Sonntag in der Stockhorn-Arena zu Gast – und ist im Abstiegskampf dringend auf Punkte angewiesen.
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