Spitzenkandidaten am Rande ihrer Partei
Wie sehr stehen die sechs Persönlichkeiten, die sich ums Könizer Gemeindepräsidium bewerben, eigentlich für die Politik ihrer eigenen Partei? Die Suche nach der Antwort fördert Überraschendes zutage.

Am Samstag wird vor allen Könizer Einkaufszentren wieder tüchtig geworben. Allerdings nicht für tolle Produkte, sondern – um Wählerstimmen. Wer nämlich in der verbleibenden Woche seine Basis nicht zu mobilisieren vermag, hat am 24. September das Nachsehen.
Eine relevante Frage für den Endspurt lautet: Wie sehr stehen die sechs Spitzenleute, die sich ums Gemeindepräsidium bewerben, eigentlich für die Politik ihrer eigenen Partei? Wer die Antworten analysiert, die alle Kandidierenden auf der Wahlhilfeplattform Smartvote gegeben haben, entdeckt Auffälligkeiten. So richtig eingemittet im «Meinungszentrum» der eigenen Partei steht niemand aus dem Sextett. Positiv ausgedrückt: Alle sind sie Charakterköpfe mit eigener Position, keine «Mainstreamer».
Wie aber ist die «politische Landkarte» überhaupt zu lesen? Die farbigen, kreisförmigen Flächen auf der Karte bilden die «politische Heimat» der Parteien im Spannungsfeld zwischen links und rechts sowie zwischen liberal und konservativ ab. Form und Grösse der Kreise ergeben sich aus den Positionen sämtlicher Kandidatinnen und Kandidaten fürs Parlament. Ist die Kreisfläche gross, deutet dies auf eine grosse Streuung der Positionen innerhalb einer Partei hin.
Bürgerliche Abweichler
Am auffälligsten sind nun die politischen Positionen der Präsidiumskandidaten Christian Burren (SVP) und Hans-Peter Kohler (FDP). Sie sind markante «Abweichler». Burrens Position liegt klar links seiner eigenen Partei. Kohler wiederum ist signifikant rechter respektive rechtsliberaler als seine Mitstreiter. Beide «Abweichler» können dank ihrer Abweichung je ein Alleinstellungsmerkmal für sich beanspruchen: Hans-Peter Kohler ist unbestritten der rechteste Anwärter aufs Gemeindepräsidium, während sich Christian Burren – zumindest grafisch – als ausgesprochener «Zentrist» entpuppt, der sich in grosser Nähe zu BDP und FDP wiederfindet. Das erlaubt die Annahme, dass ihm aus diesem Lager Stimmen zufliessen könnten.
Ein Quartett am linken Rand
Gut ablesbar ist weiter: Annemarie Berlinger (SP), Thomas Brönnimann (GLP), Thomas Frey (BDP) und Hansueli Pestalozzi (Grüne) sind demgegenüber alle in der «richtigen» Partei zu Hause. Ihre Positionen liegen zwar allesamt klar am linken oder linksliberalen Rand des Streubereichs ihrer Partei. Aber anders als Burren oder Kohler ist ihre Distanz zum eigenen «Kreis» unbedeutend. Das Prädikat «links» ist übrigens nur für Annemarie Berlinger (SP) und Hansueli Pestalozzi (Grüne) ein eindeutiges: Sie sind absolut gesehen die beiden Linksten im Rennen, klar vor dem heutigen Gemeinderat Thomas Brönnimann (GLP). Brönnimanns gesellschaftspolitische Offenheit macht ihn zum liberalsten aller Gemeindepräsidiumskandidaten.
Wie werden Freisinnige wählen?
Die Position des Freisinnigen Hans-Peter Kohler verdient eine zusätzliche Betrachtung. Denn: Würden seine freisinnigen Mitstreiter allein ausgehend von ihrer eigenen politischen Position wählen, fiele ihre Wahl womöglich auf die Konkurrenten Frey (BDP) und Burren (SVP). Dies entdeckt, wer als spielerische Fingerübung mit Smartvote eine Wahlempfehlung für Wähler mit «durchschnittsfreisinnigem» Profil generiert.
Zu beachten ist, dass Parteien fürs Parlament und fürs Präsidium auch ganz bewusst unterschiedliche Profile vorschlagen können. Zudem ist Distanz zum eigenen «Kreis» kein zwingendes Handicap. Der amtierende Gemeindepräsident Ueli Studer (SVP) war bei den letzten Wahlen seiner Partei ähnlich weit entrückt, wie Kohler und auch Burren es heute sind. Im Falle Studers erklärte das teilweise sogar dessen Wahlerfolg: Die SVP-Stammwähler hielten ihm an der Urne die Treue – und für viele Parteifremde wurde Studer durch seinen Ausritt in die liberale Mitte erst wählbar.
Festzuhalten ist, dass auch die vier Linientreueren in Schlüsselfragen von der Mehrheitsmeinung ihrer Mitstreiterinnen und Mitstreiter abweichen. Berlinger tut dies etwa bei den Ladenöffnungszeiten, deren weitere Liberalisierung sie sich vorstellen kann. Brönnimann sagt anders als das Mittel der kandidierenden Grünliberalen klar Ja zu Tempokontrollen in 30er-Zonen. Frey wiederum ist zugänglich für den legalen Cannabiskonsum. Und Pestalozzi ist defensiver als sein direktes politisches Umfeld bei der Frage, ob sich Köniz vermehrt im sozialen Wohnungsbau engagieren soll.
Auf Smartvote.ch stehen die Profile aller Kandidierenden zur Verfügung. Online lässt sich auch der Fragebogen ausfüllen, den die Kandidierenden auszufüllen hatten: So lassen sich – vergleichende – Wahlempfehlungen erzeugen.
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