Sohn, wo bist du?
Hunderte Soldaten bleiben in der Ukraine hinter der Front zurück, ihre Familien quält die Ungewissheit. Vom Staat fühlen sie sich im Stich gelassen.

Dutzende Holzkreuze stehen vor kleinen Erdhügeln. Sie sind drapiert mit einheitlichen Gestecken aus Plastikblumen. In mehreren Gräbern haben Tiere gescharrt. Starke Böen wehen über den Friedhof ausserhalb der Millionenstadt Dnipropetrowsk. Das weitläufige Gelände ist an diesem Sonntagmorgen menschenleer. Statt Namen finden sich auf den Kreuzen am Rand des Friedhofs Nummern, zum Beispiel «8886 – unbekannter Verteidiger der Ukraine». Hier liegen die Überreste von Kriegsopfern, die selbst nach Monaten niemandem zugeordnet werden konnten. Gräber unbekannter Soldaten in einem Konflikt des 21. Jahrhunderts, trotz moderner Technik, trotz DNA-Tests.