2:3 Shootout-Niederlage des SC BernToni Söderholms Poker geht nur fast auf
Ein angeschlagener SCB agiert gegen Davos fast durchwegs mit nur drei Linien. Den mit viel Kampfkraft und Effizienz herausgespielten 2:1-Vorsprung bringt er aber nicht über die Zeit.

Debatten über Sinn und Unsinn von Trainerentlassungen mitten in der Saison sind fast so alt wie das Eishockey selbst. Und auch wenn die seltenen Fälle von unmittelbaren positiven Auswirkungen häufig zu immer wieder erzählten (überhöhten) Stories werden als Beleg für den «Sinn» eines Wechsels, so braucht es in der Regel mehr als ein paar Spiele, um effektive Auswirkungen festzustellen. Der Fall von Toni Söderholm ist da zudem zusätzlich speziell.
Der Finne gab seinen Job als Deutschlands Nationalcoach auf, um in Bern den auf Rang 6 klassiert gewesenen, aber dennoch beurlaubten Schweden Johan Lundskog zu ersetzen. Das 2:3 gegen Davos nach Penaltyschiessen ist Söderholms dritte Niederlage im vierten Spiel an der SCB-Bande. Er erhält aber mit seinem neuen Club noch gar keine richtige Gelegenheit, sein Vorhaben durchzusetzen. Ständig wechselt das Line-up, weil Spieler plötzlich gesperrt, krank oder verletzt sind.
Den Tiefpunkt diesbezüglich erfährt der Finne nun am Samstag gegen Davos, als mit Sven Bärtschi und Oscar Lindberg zwei Stürmer wegen Grippesymptomen passen müssen und die Absenzenliste sich auf sechs Spieler vergrössert. Nur sechs, da Topskorer Chris DiDomenico nach drei Sperren wieder dabei ist und sein Debüt unter dem neuen Trainer gibt.
DiDomenico steht fast 29 Minuten auf dem Eis
Ein Grund für Söderholms Verpflichtung seien sein ausgesprochener Wille zum Einsatz von vier Linien gewesen, betonte Sportchef Andrew Ebbett kürzlich. Am Freitag beim überraschenden 3:1-Sieg bei Leader Genf setzte dies Söderholm so sehr um wie kaum noch irgendein Trainer beim SCB in dieser Saison.
Gegen Davos ist er nun aber zu Umstellungen gezwungen, was er ziemlich unorthodox löst: Er spielt von Anfang an mit fast nur drei Linien und sogar bloss acht regelmässig eingesetzten Stürmern. Die vier Jungen Noah Fuss (vor allem er), Fabian Ritzmann und Josh Fahrni teilen sich die Rolle des neunten Stürmers und erscheinen nur sporadisch effektiv gemeinsam als vierte Linie. Der 12. Stürmer Santiago Näf hingegen erhält nur in zwei Shifts Auslauf. Fahrni kommt nach Spielmitte auch nur noch einmal im Schlussdrittel für 12 Sekunden aufs Eis.

Vorgänger Lundskog war explizit für zu wenig Eiszeit der Jungen kritisiert worden, und gleichzeitig auch für zu viel Eiszeit für DiDomenico – der Kanadier steht gegen Davos gemäss offizieller Statistik nun aber knapp 29 Minuten auf dem Eis! Söderholm kann an diesem Samstagabend für sich reklamieren, dass besondere Umstände besondere Massnahmen erfordern. Gewohnheit sollten diese aber nicht werden …
All dies hat am Ende viel Einfluss auf den Spielverlauf. Der am Freitag spielfreie und somit ausgeruhtere HC Davos, bei dem Christian Wohlwend gut 50 Minuten lang vier Linien durchrotiert, wirkt trotz Champions-League-Einsatz am Dienstag in Finnland frischer. Er ist im Schlussdrittel entsprechend dominant, der frühe 1:1-Ausgleich fällt nach einem Berner Puckverlust, aber dem Spielverlauf entsprechend nicht überraschend.
Der SCB kommt im dritten Drittel erst in Minute 52 zum ersten Schuss – und weil dieser gleich im Tor zur 2:1-Führung landet, reicht es dennoch zum Berner Punktgewinn. Es könnte sogar ein Sieg sein, da der zweite Davoser Ausgleich erst 88 Sekunden vor Schluss fällt – über das ganze Spiel gesehen darf der SCB aber mit dem Punktgewinn zufrieden sein. Nach einer wunderbar wilden, aber torlosen Overtime ist der HCD im Shootout souveräner Sieger und verwandelt alle seine drei Versuche.
Immerhin: Die Tendenz beim SCB ist nach dieser Doppelrunde positiv. Im Startdrittel ist der zuletzt von viel Verletzungspech geplagte, nun aber fast komplette HCD spielbestimmend, der SCB reagiert aber mit einem angesichts der Kadersituation starken Mitteldrittel und der verdienten Führung dank DiDomenicos Spekulation bei einem schlechten fliegenden Wechsel der Davoser.
Der SCB gefällt, so lange die Kräfte reichen, mit grossem Einsatz und dem Willen, sich in Schüsse zu werfen und viel Kampfkraft zu demonstrieren. Und man soll es nach nur vier Spielen nicht verschreien, aber: Defensiv wirken die Berner tatsächlich solider und weniger fehlerhaft als in den letzten Spielen vor dem Trainerwechsel.
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