Diese Strafe trifft die Falschen
Sanktionen bei den Ergänzungsleistungen treiben Rentner in die Sozialhilfe.
Die Zahl der Rentner, die mit der AHV oder der IV nicht über die Runden kommen, steigt stetig. Bis 2030 dürften sich die Ausgaben für Ergänzungsleistungen wegen der demografischen Entwicklung auf 7 Milliarden Franken erhöhen. Doch anders als bei der Sozialhilfe stehen bei den EL bis jetzt generelle Leistungskürzungen nicht zur Debatte – zu Recht. Erklärtes Ziel ist es, mit der laufenden EL-Reform Missbräuche zu verhindern.
Beliebtes Beispiel dafür sind Rentner, die ihr Pensionskassengeld innert weniger Jahre an einem Platz an der Sonne verprassen, abgebrannt in die Schweiz zurückkehren und Ergänzungsleistungen benötigen. Deshalb will der Nationalrat künftig allen die Leistungen um 10 Prozent kürzen, die ihr Alterskapital verbrauchen, statt als Rente zu beziehen.
Zusätzlichen Sozialhilfekosten in Millionenhöhe
Die Sanktion mag für krasse Geldverschwender berechtigt sein. Doch wer sein Alterskapital verschleudert, erhält gemäss dem geänderten Gesetz ohnehin keine Ergänzungsleistungen mehr. Darum ist die Sanktion unnötig und hat schwere Nebenwirkungen. Die Gemeinden warnen vor zusätzlichen Sozialhilfekosten in zweistelliger Millionenhöhe. Denn viele Rentner, die sorgfältig mit ihrem Geld umgegangen sind, wären wegen der gekürzten Leistungen bei einem Pflegeheimaufenthalt auf Sozialhilfe angewiesen. Es handelt sich etwa um Geringverdiener, die aus der zweiten Säule nur eine Minirente erhielten und deshalb das Kapital beziehen. Oder um Erwerbstätige, die mit dem Kapital ein eigenes Geschäft aufgebaut haben.
Dass bürgerliche Sozialpolitiker vor der parlamentarischen Schlussrunde vom März immer noch an der 10-Prozent-Sanktion festhalten, ist unverständlich. Denn die gleichen Nationalräte haben sich erfolgreich dagegen gewehrt, dass der Kapitalbezug aus der zweiten Säule verboten wird, weil dies eine unzulässige Bevormundung der Bürger wäre. Die Bürger dürfen ihr Pensionskassengeld also weiterhin beziehen, aber nicht brauchen:Widersprüchlicher geht es kaum.
(Tages-Anzeiger)
Erstellt: 08.02.2019, 20:36 Uhr
Artikel zum Thema
Dossiers
Die Redaktion auf Twitter
Stets informiert und aktuell. Folgen Sie uns auf dem Kurznachrichtendienst.
Kommentare
Das Neuste Schweiz
Die Welt in Bildern

Jeder besitzt hier ein Boot: Menschen aus dem «schwimmenden Dorf» auf dem Inle See in Myanmar fahren am frühen Morgen mit ihren Booten über einen Fluss des Dorfes. (18. Februar 2019)
(Bild: Ye Aung THU)
Mehr...
71 Kommentare