Rechtspopulisten in EuropaSchlange stehen bei Viktor Orban
Der ungarische Premier ist beliebt bei der europäischen Rechten, nun empfängt er erstmals die Französin Marine Le Pen.

Viktor Orban mag in weiten Teilen des Kontinents kein sonderlich beliebter Gesprächspartner mehr sein. Die Vertreter der nationalistischen Rechten in Europa sind hingegen äusserst erpicht darauf, sich mit dem ungarischen Premierminister sehen zu lassen. Am Dienstag reihte sich die Französin Marine Le Pen in die Schar jener ein, die ein Gespräch und vor allem einen Fototermin mit Orban ergattert haben. Es war das erste Zusammentreffen der beiden und, wenn man so will, ein weiteres Zeichen der Radikalisierung des Ungarn.
Denn bisher hatte er die Chefin des Rassemblement National (RN) bewusst gemieden, im Wissen, dass sie für die Kollegen der Europäischen Volkspartei (EVP), in der Christdemokraten und gemässigt Konservative versammelt sind, ein rotes Tuch ist. Diese Verbindung ist nach langem Streit gekappt, er und seine Fidesz kamen im März dieses Jahres dem Rauswurf aus der EVP durch den eigenen Rückzug zuvor, und nun bastelt Orban an einem neuen Kreis von Gleichgesinnten, in dem er seinen Einfluss geltend machen kann.
«Europäische Renaissance»
Geplant ist ein Bündnis mit Teilen der Europäischen Konservativen und Reformer, in dem nach dem Auszug der Tories die polnische PIS den Ton angibt, sowie Teilen der weiter rechts stehenden Fraktion Identität und Demokratie. Neben dem RN gehören ihr Matteo Salvinis Lega, die AfD, die FPÖ oder die Partei für die Freiheit des Niederländers Geert Wilders an. Schon im April kündigte Orban nach Gesprächen mit der Lega und der PIS eine «europäische Renaissance» an, ein Schlüsselbegriff der identitären Rechten.
Europas Rechtsaussenparteien versuchen seit Jahren vergeblich, eine gemeinsame Fraktion im Europäischen Parlament zu bilden, um zu einem echten Machtfaktor in Brüssel und Strassburg zu werden. Grösstes und bis dato offenbar unüberwindliches Hindernis ist die Haltung zu Russland. Dass Le Pen oder Salvini kaum einen Hehl aus ihrer Nähe zu Präsident Wladimir Putin machen und sich mutmasslich sogar vom Kreml finanziell helfen lassen, ist für die polnischen Nationalisten kaum zu ertragen.
Zemmour war schneller
Le Pen hingegen berichtete triumphierend von der Begegnung und vergass nicht hinzuzufügen, dass sie auch noch mit Salvini und dem slowenischen Ministerpräsidenten Janez Jansa gesprochen hatte. Dass nun Viktor Orban sie empfängt, ist der Kandidatin für die Präsidentschaftswahlen auch deshalb wichtig, weil die neue Rechtsaussenkonkurrenz in Gestalt von Éric Zemmour ihr damit zuvorgekommen ist. Der umstrittene Publizist, der seine Kandidatur noch nicht erklärt, Le Pen in Umfragen aber schon überholt hat, war bereits im September in Budapest.
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