Super League: GC – FC LuzernZuerst trifft er, dann fliegt er sofort vom Platz
Die Grasshoppers vergeben gegen Luzern zu viele Chancen und kommen nur zu einem 1:1. Spektakulär an diesem Match ist vor allem das Verhalten von FCL-Torschütze Cumic.
Spinnst du eigentlich? Pascal Schürpf ist aufgebracht. Er tippt sich mit dem Zeigfinger an die Stirn. Vor Schürpf steht Mitspieler Nikola Cumic. Und Schürpfs Geste ist genau für diesen Cumic bestimmt.
Eigentlich wäre in dieser 79. Minute ja Jubelzeit für den FC Luzern. Die Zentralschweizer haben gegen GC gerade das 1:1 erzielt. Cumic hat getroffen. Und wie er das getan hat! Erläuft sich einen langen Ball, schüttelt den stürzenden Gomes ab, dribbelt Loosli schwindlig und trifft per Flachschuss. Doch dann zieht der 23-Jährige beim Feiern das Trikot aus.
Fünf Minuten vor dem Treffer war Cumic für ein Foul verwarnt worden. Jetzt sieht er Gelb-Rot und GC setzt zum Schlussspurt an. Schmid kommt zum Abschluss. Herc schiesst. Demhasaj köpfelt. Nur den Ball, den bringen die Stadtzürcher mit ihren Versuchen nicht mehr über die Linie. Und so muss Verteidiger Allan Arigoni am Ende festhalten: «Das 1:1 ist zu wenig.»
«Wir haben nicht mehr gespielt»
4:0 haben die Grasshoppers vor einer Woche in St. Gallen gewonnen. Gegen Luzern nun gelingt ihnen schnell der nächste Treffer. Es läuft die 4. Minute, als Bonatini mit dem Kopf eine Flanke von Herc verwertet. Luzerns Goalie Müller reisst noch seinen Arm hoch, um den Ball über die Latte zu wischen, er ist nur nicht schnell genug.
Für Luzern ist es zum dritten Mal in Serie ein Fehlstart mit Gegentor in den ersten 240 Sekunden. GC allerdings schaltet nach dem 1:0 in den Standby-Modus. Vom «vorwärts verteidigen», wie es Trainer Giorgio Contini vor dem Match angekündigt hatte, ist nicht mehr viel zu sehen. Der Tessiner Arigoni sagt: «Ich habe keine Ahnung, was passiert ist. Wir haben nicht mehr gespielt. Wir haben Fehler gemacht. Und Luzern ist aufgekommen. Das ist bitter.»
Sène: Gute Momente nur als Vorbereiter
In der ersten Halbzeit ist diese Genügsamkeit noch folgenlos. In den Minuten vor und in den Minuten nach der Pause haben die Grasshoppers auch noch einmal Phasen, in denen sie Druck entwickeln. Zu einem zweiten Treffer reicht es nicht. Kaly Sène, in St. Gallen mit drei Toren grosse Figur, hat dieses Mal seine besten Momente als Vorbereiter, im Abschluss sind andere auffälliger. Einmal dreht Müller Bonatinis Schuss mit den Fingerkuppen um den Pfosten (32.), einmal bleibt Kawabes Kopfball in Luzerner Beinen stecken (44.), dann klärt Müller gegen Herc (50.) und bringt Gomes den Ball nicht aufs Tor (55.).
Danach plätschert das Spiel eine zeitlang vor sich hin. Bis eben Cumic kommt, trifft und fliegt. «Ein Kompliment fürs Tor, das macht er richtig gut», sagt Teamkollege Ugrinic, «was nachher passiert, passt zu unserer Situation.»
Ein Torschuss – guter Lohn für den FCL
Vier Mal in Folge haben die Luzerner verloren, bevor sie zu GC reisen. In Zürich verzichtet Interimstrainer Sandro Chieffo auf Badstuber, der frühere Bayern-Profi gehört nicht einmal mehr zum Kader. Mit dem 1:1 vor gut 4000 Zuschauern kommt der FCL ordentlich weg. Cumics Abschluss ist der einzige Schuss aufs gegnerische Tor überhaupt. Bei den anderen guten Möglichkeiten hat Ugrinic das Ziel verfehlt. Verteidiger Simon Grether erfindet nach dem Match die Formulierung, dass sie sich «zusammengeraffelt» hätten. Und er stellt auch fest: «Dieser Punkt tut uns extrem gut. Wir bleiben dran.» Tabellenletzter sind sie trotzdem noch.
Kann der FC Luzern auch Chance? Er kann zumindest Halbchance. Ein Ball rollt in der 21. Minute vier, fünf Meter vor dem Tor durch den GC-Strafraum. Aber eben: Er rollt nur und es ist kein Luzerner nahe genug, um aus dem Passversuch ein Tor zu machen.
Es läuft die 13. Minute, Arigoni kann von der rechten Seite flanken, GC-Stürmer Bonatini nimmt den Ball im Strafraum direkt ab, verfehlt das Tor aber ziemlich deutlich.
Gegen den FC Zürich lag der FC Luzern vor einer Woche nach 20 Minuten 0:3 zurück, das erste Gegentor kassierte er dabei in der 2. Minute. Im Match vorher gegen Basel lief die 3. Minute, als Luzern den ersten Gegentreffer kassierte. Und wiederum einen Match zuvor dauerte es gegen Lugano vier Minuten bis zum 0:1.
GC führt bereits, gespielt sind 4 Minuten. Luzerns Schulz hat GC-Goalgetter Kaly Sène auf der linken Seite gefoult. Herc schlägt den Freistoss vor das Tor, Verteidiger Burch kommt zu spät, GC-Stürmer Bonatini lenkt mit dem Kopf ins Tor.
Der Luzerner Interimstrainer Sandro Chieffo spielt nach zwei Niederlagen und einigen unbedachten Aussagen bereits um seinen Ruf. Und er hat einen deutlichen Personalentscheid getroffen. Der frühere Bundesliga-Profi Holger Badstuber steht nicht im Aufgebot.
Im Prinzip dürfte es ja keine Auswärtsfans im Stadion haben. Aber natürlich: In nicht ausverkauften Arenen ist diese Verbot leicht zu umgehen. In diesem Fall hier haben sich die Luzerner Anhänger einfach Tickets für die Gegentribüne gekauft. Es sind einige Fans angereist.
Wie Kaly Sène ist auch Hayao Kawabe im Sommer zu den Grasshoppers gekommen, über eine Million Franken Ablöse soll der Japaner gekostet haben. Und zuletzt hat der 26-Jährige richtig Fahrt aufgenommen. In den ersten neun Super-League-Einsätzen noch torlos, traf der zentrale Mittelfeldspieler zuletzt drei Mal in fünf Partien. Diese Woche hat er uns seine Geschichte erzählt.
Beim FC Basel konnte die Verantwortlichen mit Kaly Sène nichts anfangen. Die Grasshoppers freuen sich darüber. 20-jährig ist der Stürmer, er spielte einst im Nachwuchs von Juventus, und seit er zu GC gekommen ist, hat er acht Treffer erzielt – zuletzt drei auswärts beim 4:0 gegen den FC St. Gallen.
Vor einigen Wochen – nach dem 5:2 gegen St. Gallen mit zwei Toren von Sène – traf Kollege Marcel Rohner den Senegalesen zum Gespräch. Entstanden ist ein schönes Porträt über einen jungen Mann, der später gerne einmal ein Haus mit vielen Tieren hätte.
Zweitletztes Meisterschaftsspiel für GC vor der Winterpause. Und der letzte GC-Match im Letzigrund in diesem Jahr, in einer Woche treten die Grasshoppers in Basel an.
Für GC kann es gegen Luzern nur ein Ziel geben: den Sieg. Die Grasshoppers haben sich zuletzt in St. Gallen 4:0 durchgesetzt, wobei sie auch von einem frühen Platzverweis beim Gegner profitierten. Und die Grasshoppers stehen als Aufsteiger im Mittelfeld. In Luzern sieht es ganz anders aus. Der FCL hat zuletzt vier Mal in Serie verloren und steht am Ende der Rangliste. Der Trainerwechsel weg von Fabio Celestini und hin zu Interimschef Sandro Chieffo hat bisher gar nichts gebracht. Vor acht Tagen waren die Innerschweizer bereits einmal im Letzigrund und gingen gegen den FC Zürich 0:4 unter – wobei sie mit teilweise haarsträubenden Fehlern Gegentore einleiteten.
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