Schach-Unparteiische wird wegen Kopftuch diffamiert
Shohreh Bayat ist Schiedsrichterin an der Frauen-Schach-WM. Weil sie ihr Kopftuch nicht richtig trug, kann sie nicht mehr in den Iran.
Shohreh Bayat ist die erste asiatische Chefschiedsrichterin an der Frauen-Schach-WM – doch nicht das erste Opfer einer von iranischen Medien geführten Hetzkampagne gegen eigene Landsleute im Sport. Dabei trat Bayat ihre Reise nach China aus ganz unpolitischen Gründen an. Als Repräsentantin des iranischen Schachverbands leitete sie die Partien der Schach-WM in Shanghai und bedeckte, wie viele Musliminnen, ihr Haar mit einem Kopftuch – doch nach dem Gusto der iranischen Regierung noch zu unauffällig, zu dezent.
Das Kopftuch war für die iranischen Medien Zündstoff genug, um aus einem Sportereignis ein Politikum zu machen. Das erstaunt nicht. Denn Frauen, die sich im Iran weigern, ein Kopftuch zu tragen, müssen wegen unsittlichen Verhaltens und öffentlichen Aufruhrs mit einer Gefängnisstrafe rechnen – so will es das iranische Gesetz, wie es die Inhaftierung der Aktivistin Wida Mowahed 2019 gezeigt hat. Im Iran werfen Medien Bayat vor, sich gegen das Kopftuchgesetz aufzulehnen, wobei die 32-Jährige den Zorn vieler iranischer Mitbürger auf sich zieht. Nicht einmal der iranische Schachverband stärkt ihr den Rücken. Das Gegenteil ist der Fall: Er fungiert als Handlanger der Regierung, forderte Bayat auf, sich schriftlich zu entschuldigen und als Zeichen der Reue einen Hidschab zu tragen – eine Art der Verschleierung, bei der Kopf und Hals bedeckt bleiben.
Bayat fürchtet um ihr Leben
«Ich habe den iranischen Schachverband gebeten, mir schriftlich zu versichern, dass ich ohne Sorge um meine Sicherheit in den Iran zurückkehren kann», teilte Bayat dem ARD-Studio in Shanghai mit. «Als ich darauf keine Antwort bekommen habe, war mir klar, dass es nicht sicher für mich ist, zurückzukehren, und dass es nun auch keinen Unterschied mehr macht, ob ich das Kopftuch trage oder nicht.» Und weil es keinen Unterschied mehr macht, trägt Bayat ihre Haare offen – mit Folgen für ihre Freiheit: Weil sie um ihre Sicherheit fürchtet, hat sie sich entschieden, nicht in ihre Heimat zurückzukehren.
Bayat ist nicht die einzige Frau im iranischen Sport, die sich nicht länger dem Zepter der iranischen Regierung beugen will. Vor wenigen Tagen bezeichnete sich Taekwondo-Sportlerin und Olympia-Medaillengewinnerin Kimia Alisadeh in den sozialen Medien als eine der Millionen unterdrückter Frauen im Iran. Alisadeh kritisierte unter anderem, dass sie gezwungen wurde, einen Hidschab zu tragen, und bezichtigte Funktionäre im Iran des Sexismus. Vor wenigen Tagen flüchtete Alisadeh aus ihrem Heimatland.
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch