Rosetta nähert sich dem «Enten»-Kometen
Seit zehn Jahren reist die Sonde Rosetta durch das Weltall. Nun präsentierte sie den Wissenschaftlern eine faustdicke Überraschung.

Dass die jahrelange Reise der Rosetta-Kometensonde durchs All eine Mission ins Ungewisse werden würde, haben die Forscher schon lange gewusst. Doch nun könnte sich Rosettas Flug zu ihrem Zielkometen als noch spannender erweisen als gedacht. Denn kurz vor ihrer weltweit mit Spannung erwarteten Ankunft beim Kometen 67P/Tschurjumow-Gerasimenko am kommenden Mittwoch hat die europäische Raumsonde den Wissenschaftlern eine faustdicke Überraschung präsentiert. Aktuelle Rosetta-Bilder des Kometen zeigen einen Himmelskörper, der ganz anders aussieht als von den Astronomen erwartet.
«Dieser Komet scheint völlig anders zu sein als jeder andere, den wir zuvor gesehen haben», erläuterte der Forscher Carsten Güttler vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung. «Die Bilder erinnern mich vage an ein Quietschentchen.» Die aktuellen Aufnahmen zeigen, dass der Tschuri genannte Komet weder wie eine Kugel aussieht noch wie eine Kartoffel. Er besteht vielmehr aus zwei verschieden grossen, miteinander verbundenen Teilen. «Diese Form ist sehr überraschend für uns», sagte der Kometenforscher Ekkehard Kührt vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).
Was geschah bei der Geburt des Sonnensystems?
Damit hat der europäische Kometenjäger Rosetta den Wissenschaftlern bereits kurz vor seinem Eintreffen bei Tschuri ein erstes Rätsel aufgegeben: Wie erhielt der Komet seine entenartige Form? Weitaus tiefschürfender sind allerdings die Fragen, die Rosettas Daten langfristig beantworten sollen: Was genau geschah bei der Geburt des Sonnensystems, und wie ist später das Leben auf die Erde gekommen? Antworten darauf könnten Analysen der Zusammensetzung von Tschuri liefern, der wie die anderen Kometen ein Überbleibsel der Entstehung des Sonnensystems vor 4,6 Milliarden Jahren ist.
Doch wenn die knapp drei mal zwei mal zwei Meter grosse Rosetta-Sonde nach mehr als zehnjähriger Reise durchs All am 6. August «ihren» Kometen erreicht, beginnt erst einmal eine Serie von heiklen Manövern: Die vom Darmstädter Kontrollzentrum der europäischen Weltraumagentur ESA gesteuerte Sonde soll in eine Umlaufbahn um Tschuri einschwenken und zunächst die Oberfläche des Kometen kartieren. Am 11. November soll Rosetta dann den in der Sonde mitgeführten Lande-Roboter Philae auf der Kometenoberfläche absetzen – dies wird vom DLR in Köln gesteuert.
Harpunen werden auf den Kometen abgeschossen
Wenn Philae die Kometenoberfläche berührt, werden zwei Harpunen abgeschossen, die sich in den Boden bohren – damit der Kometenlander nicht ins All zurückgeschleudert wird. Philae wiegt zwar stolze 100 Kilogramm – auf dem winzigen «Enten»-Kometen Tschuri wird der Roboter aufgrund der kleineren Gravitationskraft aber nur so stark angezogen, wie ein paar Gramm auf der Erde angezogen würden. Jüngsten Rosetta-Bildern zufolge scheint Tschuri zudem eine vergleichsweise raue Oberfläche zu haben.
Rosetta und Philae verfügen zusammen über mehr als 20 Instrumente, von denen sich die Wissenschaftler tiefe Einblicke in die Beschaffenheit von Kometen erhoffen. Dazu zählen Vorrichtungen zur Temperaturmessung und eine Panoramakamera. Zur Ausstattung des kühlschrankgrossen Philae-Landers gehört auch ein Bohrer, mit dem Philae in die obersten Schichten des Kerns von Tschuri vordringen und dort Proben entnehmen kann. Diese Proben soll das Hightech-Gerät dann in seinem Bordlabor analysieren. Ein weiteres Philae-Instrument könnte bei Analysen vielleicht sogar organische Verbindungen wie Aminosäuren identifizieren.
Verläuft die Rosetta-Mission weiter planmässig, könnte sie einen Meilenstein in der Kometenforschung setzen – ähnlich wie einst ihre Namensgeberin in der Archäologie: Benannt ist die ESA-Sonde nach der ägyptischen Stadt Rashid (Rosetta). Dort wurde 1799 der berühmte Stein von Rosetta gefunden. Dessen Inschriften ermöglichten zusammen mit denjenigen auf einem Obelisken aus der Stadt Philae die Entschlüsselung der altägyptischen Hieroglyphen.
AFP/ldc
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