Psychiater: Breivik ist nicht geisteskrank
Der norwegische Attentäter wird nach seinen Anschlägen vermutlich nicht als unzurechnungsfähig eingestuft. Ausserdem haben Verkehrsstaus womöglich ein noch grösseres Blutbad verhindert.

Anders Behring Breivik habe seine Taten so sorgfältig geplant und ausgeführt, dass man ihn nur schwer als Geisteskranken betrachten könne, sagte der Leiter des forensisch-medizinischen Ausschusses, Tarjei Rygnestad. Laut Polizei plante Breivik neben den Anschlägen im Osloer Regierungsviertel und dem Jugendlager auf der Insel Utöya noch weitere Bluttaten.
Das Ergebnis der psychologischen Beurteilung Breiviks entscheidet darüber, ob der 32-Jährige zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt wird oder in der Psychiatrie behandelt wird. Ein Psychotiker könne lediglich einfache Dinge tun, sagte Rygnestad am Sonntag der Nachrichtenagentur AP. Selbst die Autofahrt von Oslo nach Utöya sei in einem solchen Fall zu kompliziert. «Es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass er psychotisch war», erklärte Rygnestad.
Der forensisch-medizinische Ausschuss überprüft und billigt die Beurteilung Breiviks durch zwei vom Gericht bestellte Psychiater, anschliessend entscheidet der Richter über die Schuldfähigkeit des 32-Jährigen. Breivik hat die Anschläge gestanden und nach eigenen Angaben Jahre mit ihrer Vorbereitung verbracht. Sein Anwalt hat erklärt, der 32-Jährige sei der Meinung, er habe die Attentate ausführen müssen, um Norwegen und Europa zu retten - was darauf hindeutet, dass er möglicherweise auf eine Schuldunfähigkeit wegen Geisteskrankheit plädieren will.
Verkehrsstau verhinderte noch grösseres Blutbad
Die Polizei teilte gestern mit, Breivik habe weitere Ziele anvisiert, die in Verbindung mit der Regierung und der sozialdemokratischen Arbeiterpartei von Ministerpräsident Jens Stoltenberg gestanden hätten. Mehrere Verkehrsstaus hielten den Attentäter auf dem Weg zu den Tatorten auf. Breivik konnte die Autobombe im Osloer Regierungsviertel am Freitag (22. Juli) erst um 15.26 Uhr detonieren lassen - da waren viele der hier arbeitenden Menschen schon auf dem Heimweg, wie ein Polizeisprecher im Rundfunksender NRK sagte. Das sozialdemokratische Jugendlager auf der Fjordinsel Utöya erreichte Breivik erst am späten Nachmittag, als bereits viele Teilnehmer zum Festland zurückgekehrt waren. Dazu gehörte auch Norwegens Ex-Ministerpräsidentin Gro Harlem Brundtland.
Der Attentäter fragte demnach bei einem zehnstündigen Verhör am Freitag, wie viele Menschen er am 22. Juli getötet habe. Als ihm die Opferzahl genannt worden sei, habe er keinerlei Regung gezeigt. Bei dem Bombenanschlag in Oslo kamen acht, bei dem anschliessenden Blutbad auf Utöya 69 Menschen ums Leben.
Behörden suchen von Breivik bestelltes Düngemittel
In einem Vorabbericht des Nachrichtenmagazins «Spiegel» hiess es, die norwegischen Behörden suchten noch einen Grossteil der von Breivik bestellten sechs Tonnen Düngemittel. Für den Anschlag auf Regierungsgebäude in Oslo sei nur ein Bruchteil verbraucht worden.
Auf der Insel Utöya hätte die Sondereinheit zudem mit Benzin gefüllte Plastikflaschen in den Bäumen gefunden. Wie der «Spiegel» weiter berichtete, hatten die Polizisten bei der Festnahme Breiviks befürchtet, dass er Sprengstoff am Körper trage. Bei einem Kabel, das die Beamten an Breivik gesehen hätten, habe es sich aber um das eines iPods gehandelt.
Breivik konnte die Autobombe im Osloer Regierungsviertel am Freitag (22. Juli) erst um 15.26 Uhr detonieren lassen - da waren viele der hier arbeitenden Menschen schon auf dem Heimweg, wie ein Polizeisprecher im Rundfunksender NRK sagte. Das sozialdemokratische Jugendlager auf der Fjordinsel Utöya erreichte Breivik erst am späten Nachmittag, als bereits viele Teilnehmer zum Festland zurückgekehrt waren. Dazu gehörte auch Norwegens Ex-Ministerpräsidentin Gro Harlem Brundtland.
Zudem berichteten Osloer Medien unter Berufung auf Polizeikreise, dass der 32-Jährige auch Bomben am Osloer Schloss und am Hauptquartier der norwegischen Sozialdemokraten detonieren lassen wollte. Er habe diese Pläne wegen «logistischer Probleme» nicht verwirklichen können, hiess es weiter. Die Polizei bestätigte, dass Breivik «weitergehende Pläne» gehabt habe, wollte aber zu den konkreten Zielen keine Angaben machen. Breivik tötete mit einer Bombe in Oslo und bei einem Massaker auf Utäya 77 Menschen.
Breivik fordert Rücktritt der Regierung
Breiviks Anwalt Geir Lippestad berichtete in der Boulevardzeitung «VG», die Polizei habe dem 32-Jährigen bei einem Verhör am Wochenende erstmals die Zahl seiner Opfer mitgeteilt. «Ich habe keine Reaktion feststellen können. Ich konnte weder ein Lächeln noch Anzeichen für Enttäuschung bemerken,» sagte der Verteidiger.
Der Massenmörder hat bei den Verhören den Rücktritt von Norwegens Regierung, des Königs sowie der Armeeführung als Gegenleistung für eigene Aussagebereitschaft verlangt. Das berichtete der TV-Sender NRK unter Berufung auf Polizeikreise. Zwei Psychiater sollen Breivik auf seine Zurechnungsfähigkeit untersuchen und ihr Gutachten bis Anfang November vorlegen.
SDA/jak
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