Opposition reagiert nach Maassens Versetzung mit Spott
Die deutsche Regierung versetzt den Chef des Inlandgeheimdienstes ins Innenministerium. Linkspartei bis FDP bezeichnen die Aktion als «faulen Kompromiss».

Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Andrea Nahles (SPD) haben auch ihre zweite ernste Koalitionskrise innert elf Wochen gelöst. Nachdem die Sozialdemokraten noch einmal klargemacht hatten, dass sie die Regierung verlassen würden, sollte Hans-Georg Maassen als Chef des Verfassungsschutzes nicht abgelöst werden, lenkte Innenminister Seehofer ein.
Der Bayer hatte sich mit der Kanzlerin zuvor auf eine maximal gesichtswahrende Lösung geeinigt, der schliesslich auch Nahles zustimmte: Der 55-jährige Maassen muss das Amt zwar verlassen, dem er seit 2012 vorstand. Aber er wird, zum Ärger der SPD, weder entlassen noch in den einstweiligen Ruhestand versetzt, sondern formal sogar noch befördert: zum Staatsekretär im Innenministerium.
«Ein Schmierentheater»
Seehofer schätze Maassens Kompetenz in Fragen der öffentlichen Sicherheit, hiess es. Er werde dort aber nicht für die Aufsicht über den Verfassungsschutz zuständig sein. Teile der SPD sowie die Opposition von Linkspartei bis FDP spotteten teilweise bitter über die Lösung: Sie sei ein «fauler Kompromiss», «ein Schmierentheater», «eine Farce».
Video: Maassen muss Posten räumen
Maassen war öffentlich unter starken Druck geraten, als er nach den rechtsextremen Übergriffen in Chemnitz Medien und Kanzlerin pauschal für ihre Darstellungen gerügt hatte. Aus seiner Sicht habe es keine «Hetzjagden» von Rechtsextremen gegen Ausländer, Linke und Journalisten gegeben, ein entsprechendes Video erachtete er als unauthentisch, ja als «gezielte Falschinformation», um von einem «Mord» abzulenken.
Während die letzte Behauptung sich schnell selbst als «gezielte Falschmeldung» herausstellte, stellten aufwendige Medienrecherchen und interne Berichte der Chemnitzer Polizei die erste Behauptung zumindest sehr stark infrage. Maassen versuchte sich schliesslich damit herauszureden, er sei missverstanden worden – würde sich aber noch einmal genau gleich äussern. Alle Oppositionsparteien mit Ausnahme der AfD sowie die Regierungspartei SPD forderten darauf seine Entlassung.
Der AfD nahe?
Maassen war schon vor seinen Äusserungen zu Chemnitz in Verdacht geraten, der AfD zuzuarbeiten. Eine AfD-Aussteigerin hatte behauptet, Maassen habe 2015 das Gespräch mit der damaligen AfD-Vorsitzenden Frauke Petry gesucht. Er habe Petry Ratschläge gegeben, wie ihre Partei verhindern könne, von seinem Dienst systematisch beobachtet zu werden.
Petry und Maassen gaben die Gespräche zu, bestritten aber jede Beratung. Beobachter fragen sich allerdings, ob es ein Zufall sein kann, dass Petry just nach den Gesprächen verstärkt gegen rechtsextreme Strömungen in der Partei vorging. Erst löste die AfD den saarländischen Landesverband auf, der von Rechtsradikalen unterwandert war. Danach strebte Petry den Ausschluss von Björn Höcke an, der mehrmals mit völkischen Reden für Skandale gesorgt hatte. Sie blieb allerdings erfolglos, nach der Bundestagswahl schied sie im Protest aus der «immer radikaleren» Partei aus.
Die Debatte um die Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz nahm nach Chemnitz erneut Fahrt auf. AfD-Spitzenpolitiker waren dort Schulter an Schulter mit Führungsleuten von Pegida, der Identitären Bewegung und der Neonazi-Partei NPD marschiert. Medien und Politiker hatten Maassen danach aufgefordert, die Überwachung der AfD neu zu prüfen. Verfassungsschutzbehörden in SPD-geführten Bundesländern monierten, Maassen wiegle in dieser Frage seit Monaten ab und bremse. Zuletzt sollen einzelne Landesämter sogar aufgehört haben, belastende Erkenntnisse über die AfD mit dem Bundesamt zu teilen – aus Angst, dieses reiche die Informationen an die Partei weiter.
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