Opfer von Zwangsmassnahmen sollen Gedenkstätte erhalten
Der Kanton Bern soll die Opfer fürsorgerischer Zwangsmassnahmen mit einer Gedenkstätte ehren. Der Grosse Rat stellt sich hinter diese Forderdung der SP.

Tausende Menschen sind auch im Kanton Bern bis Ende der 79-er Jahre Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen geworden. Der Kanton Bern nimmt in der Aufarbeitung dieses dunklen Kapitels der Schweizer Geschichte sogar eine wenig ruhmreiche Sonderrolle ein: 1800 der 9000 beim Bund eingereichten Gesuche für einen Beitrag aus dem Solidaritätsfonds für die Opfer von Zwangsmassnahmen stammen von Betroffenen aus dem Kanton Bern. Bern ist derjenige Kanton mit den meisten Gesuchen und die Zahl von 1800 ist mit Blick auf die Bevölkerungszahl des Kantons Bern überproportional hoch.
«Das Gewissen aufpolieren»
Vor diesem Hintergrund debattierte der Grosse Rat am Dienstag darüber, für die Opfer der Zwangsmassnahmen ein Erinnerungsort oder eine andere Form des Gedenkens zu realisieren. Einen entsprechenden Vorstoss hatte Hervé Gulloti (SP/Tramelan) stiess im Kantonsparlament lanciert.
Gegen das Anliegen regte sich im Kantonsparlament nur von Einzelnen Widerspruch: Michel Seiler (Grüne/Trubschachen) störte sich daran, dass sich die Grossrätinnen und Grossräte im Nachhinein für die Vergangenheit entschuldigen wollten, um ihr «Gewissen aufzupolieren». Seiler plädierte dafür, stattdessen heutiges Unrecht zu bekämpfen, beispielsweise die weltweite Kinderarbeit.
Das Kantonsparlament stimmte dem Vorstoss jedoch mit 131 zu 9 Stimmen bei 7 Enthaltungen deutlich zu. Die Mehrheit war der Ansicht, dass es angebracht sei, über die finanziellen Entschädigungen hinaus ein Zeichen der Erinnerung zu schaffen, wie dies im Bundesgesetz über die Aufarbeitung der fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vorgesehen ist.
Zehntausende betroffen
Fremdplatzierungen waren im Kanton Bern Teil einer Armutspolitik, welche auch darin bestand, Bauern zu zusätzlichen Arbeitskräften zu verhelfen. Die Berner Behörden zeigten lange Zeit wenig Lust, etwas am althergebrachten, eingespielten System zu ändern.
Fürsorgerische Zwangsmassnahmen wurden in der Schweiz bis 1981 angeordnet. Zehntausende von Kindern und Jugendliche wurden an Bauernhöfe verdingt oder in Heimen platziert. Viele wurden misshandelt und missbraucht. Menschen wurden zwangssterilisiert, für Medikamentenversuche eingesetzt oder ohne Gerichtsurteil weggesperrt, weil ihre Lebensweise nicht den Vorstellungen der Behörden entsprach.
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