Online-Pornos gefährden Videotheken
Viele Verleihfirmen haben vor allem dank ihrer Erotik-Abteilung überlebt. Jetzt wandern die Kunden ins Netz ab – und ein ganzer Berufszweig steht vor dem Aus.

Eine Grossvideothek wie die eben in die Insolvenz gegangene US-Kette Blockbuster gibt es im deutschsprachigen Raum nicht. Doch existenzbedrohend sei die aktuelle Geschäftsentwicklung für viele meist kleineren Verleiher auch hier. Das meldet der deutsche Bundesverband Home-Entertainment.
Gründe dafür sieht der Verband in der Videopiraterie, vor allem aber auch im Abwandern der Porno-Kundschaft ins billigere Internet. Ungefähr 1000 Videotheken hätten in den letzten zwei Jahren in Deutschland schliessen müssen, sagte Geschäftsführer Rainer Ordegel am Freitag im Gespräch mit der Nachrichtenagentur DAPD.
Der Branchenverband IVD nennt genauere Zahlen: 3508 Videotheken gab es demnach 2008 in Deutschland, 2009 waren es noch 3009, davon 412 Geschäfte mit Selbstbedienungsautomaten. Die Zahl der herkömmlichen Videotheken sank damit sogar auf nur 2597.
Zahl der Ausleiher fast halbiert
Die Entwicklung läuft schon einige Zeit. Nach einer Statistik des Bundesverbandes Audiovisuelle Medien (BVV) ging die Zahl der Kunden in den Videotheken seit dem Jahr 2000 von 14,5 Millionen fast um die Hälfte auf 7,8 Millionen im Jahr 2009 zurück. Der Umsatz sank 2009 um rund 3 Prozent. Dagegen erreichte der Absatz von Kaufvideos mit 113 Millionen Stück einen Rekordwert; der Umsatz stieg um 6,6 Prozent.
In jüngster Zeit beschleunigt sich der Niedergang der Videotheken. Einen wichtigen Grund dafür sieht Verbandsgeschäftsführer Ordegel in der Veränderung beim Pornogeschäft. «Hardcore-Erotik war von Anfang an das eine Standbein», das andere sei das Spielfilmangebot.
Der Umsatz mit der Schmuddelware sei «immer da und auch feststehend» gewesen, sagte Ordegel. Bis vor ein paar Jahren. Das reichliche, leicht zugängliche und häufig illegale Pornoangebot im Internet lasse dieses Standbein wegbrechen, aus dessen Einnahmen in früheren Zeiten teilweise auch schon einmal ein anspruchsvolleres Spielfilmprogramm mitfinanziert worden sei, erklärte der Verbandsgeschäftsführer.
Illegal im Internet schon zum Kinostart
Aber auch Spielfilmkunden gingen den Videotheken zunehmend an das Internet verloren, erklärte Ordegel. Dabei seien legale Filmangebote nicht das Problem. «Das legale Angebot ist bis jetzt keinerlei Konkurrenz», sagte Ordegel. Und Jörg Weinrich, geschäftsführender Vorstand beim IVD, bestätigte das: «Legale Angebote haben einen ganz kleinen Marktanteil», sagte er der Nachrichtenagentur DAPD.
Allergrösste Sorge dagegen machen den Videothekenbetreibern die Streaming-Portale. Diese haben die neuesten Filme, oft gleichzeitig zum Kinostart, wenn es noch gar keine DVD gibt, wie Ordegel anmerkt. Die Illegalen, oft aus dem Ausland operierend und deshalb schwer zu fassen, hätten «schon mehr Marktanteil als die legalen», sagt Weinrich. «Die Leute, die das sehen, gehen nicht zum legalen Händler oder in die Videothek.»
Legaler Internetverleih von Spielfilmen kommt in Schwung
Doch in den letzten Monaten zeichnet sich eine Trendwende ab: Auch das legale Internetangebot kommt zunehmend in Schwung. Laut BVV legte das offizielle Geschäft mit Kauf- und Leihvideos in den ersten sechs Monaten des Jahres auf 20,7 Millionen Euro zu. Das ist ein Sprung um 233,9 Prozent.
dapd/oku
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