Nun werben auch Schweizer Atheisten für ein Leben ohne Gott
Die Schweizer Freidenker übernehmen eine Werbe-Kampagne britischer Atheisten. Das Anliegen: Die «religiöse Abrüstung».

«Wahrscheinlich gibt es keinen Gott. Kein Grund zur Sorge, geniess das Leben»: Dieser Slogan auf Londoner Stadtbussen hat Christen in Rage versetzt. Freidenker haben die gleiche Kampagne nun in der Schweiz lanciert.
Der Entscheid fiel am letzten Samstag. Die Freidenker-Vereinigung der Schweiz hat beschlossen, die Kampagne, die in London zu einem veritablen Werbekrieg zwischen Atheisten und Christen führte, auf die Schweiz zu übertragen. Mit der Aktion wolle man zeigen, «wie absurd religiös gefärbte Botschaften sind», sagt Geschäftsleiterin Reta Caspar und bestätigte damit einen Bericht in der Gratiszeitung «20 Minuten» von gestern. Caspar, die bis 2007 als Parteilose für die GFL im Zollikofner Gemeindeparlament sass, spricht besonders die «omnipräsenten» Bibelzitate der christlichen Agentur C an, die seit Jahren mittels Plakaten verbreitet werden.
Religion als Teil des Problems
Mit der Kampagne wollten die Freidenker jenen Leuten eine Stimme geben, die sich von solchen missionarischen Botschaften bedrängt fühlten, sagt Caspar. Letztlich gehe es aber nicht um die Gottesfrage. Viel wichtiger sei, darauf hinzuweisen, dass die Einflussnahme von Kirchen und anderen religiösen Gruppen auf die Politik überall zunehme. Weil die weltweiten Spannungen aber zeigten, dass «die organisierte Religion zumeist selbst ein wesentlicher Teil jener Probleme ist, die sie zu lindern vorgibt», plädieren die Freidenker für «religiöse Abrüstung». Sie weisen religiöse Wahrheitsansprüche zurück und werben für ein entspanntes Verhältnis zur Gottesfrage.
Was Caspar damit meint, bringt der Slogan zum Ausdruck, mit dem eine christliche Partei auf die Botschaft reagierte, die auf den Werbeflächen der Londoner Stadtbusse verbreitet wurde: «Es gibt Gott ganz sicher. Also treten Sie der Christlichen Partei bei und geniessen Sie das Leben.» Der Slogan der Atheisten war weniger absolut: «Wahrscheinlich gibt es keinen Gott. Kein Grund zur Sorge – geniess das Leben».
Zuerst mal Spenden sammeln
Die Freidenker hatten letztes Jahr ihr 100-jähriges Bestehen gefeiert. Aus diesem Anlass wollten sie die gut zehn Prozent Konfessionsfreien in der Schweiz ansprechen. Die Reaktionen in den Medien waren «gleich null», sagt Caspar. Auch deshalb fand es die Organisation nun angebracht, die britische Kampagne zu übernehmen.
Als Erstes gehe es darum, Spenden zu sammeln. «Die Aktion verläuft so, wie es die Leute wollen», sagt Caspar. Für die Werbung werde genau so viel Geld ausgegeben, wie eingezahlt werde. Das erste Ziel liege bei 50000 Franken. In erster Linie soll die Werbung an städtischen Bussen platziert werden. Bei Bern Mobil kostet eine Dachreklame um die 5000 Franken für ein Jahr.
Bern winkt ab
In Bern wird Bus-Werbung für die Freidenker jedoch ein frommer Wunsch bleiben. Gemäss Unternehmenssprecherin Annegret Hewlett kommt Werbung mit religiösem Hintergrund nicht infrage. Ausserdem stelle die Botschaft der Freidenker eine Provokation dar. Keine Probleme dürften diese mit Plakaten haben. Das wäre laut Reta Caspar der erste Ausweg. Beim vorliegenden Inhalt sehe er kein Problem, sagt Sascha Hardegger von der Allgemeinen Plakatgesellschaft. Für 5000 Franken können in der Stadt Bern 30 einfache Plakatstellen eine Woche lang gebucht werden.
Die Absichten der Freidenker lösen auf Seiten der Christen alles andere als Nervosität aus. Die Aufregung werde sich in Grenzen halten, sagt Simon Weber, Sprecher des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes SEK. Von einer Gegenkampagne der Kirchen hält er wenig. Diese verkündigten ihre Botschaft schliesslich jeden Sonntag.
«Mein ist die Rache, spricht Gott der Herr.»
Hier zu reagieren, gehöre nicht zur Kernaufgabe einer politischen Partei, heisst es bei der Evangelischen Volkspartei EVP. Sollten die Landeskirchen oder die Evangelische Allianz aber etwas unternehmen, «würden wir dies ideell sicher unterstützen», sagt EVP-Generalsekretär Joel Blunier.
Und die Agentur C, fasst sie einen Gegenschlag ins Auge? Die 1985 vom mittlerweile verstorbenen Münsinger Unternehmer Heinrich Rohrer (Sipuro AG) gegründete Organisation hängt jedes Jahr Tausende von blauen Plakaten mit Bibelsprüchen aus. Geschäftsführer Peter Stucki sieht keinen Handlungsbedarf – er zitiert lediglich eine Bibelstelle: «Mein ist die Rache, spricht Gott der Herr.»
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