Notstand rund um Atomanlage in Russland
Russland hat die Waldbrände, die seit Wochen im europäischen Teil des Landes wüten, nicht im Griff. Im Ural bedrohen die Flammen mittlerweile die Atomanlagen von Majak und Sneschinsk.
In der Gegend um die bekannte atomare Wiederaufbereitungsanlage Majak in der Nähe von Tscheljabinsk sei am Freitag der Ausnahmezustand verhängt worden. Dies gelte für die Wälder und Parkanlagen der Region, teilten die Behörden am Montag mit. Für diesen Dienstag sei eine Krisensitzung angesetzt.
Majak, wo atomare Abfälle gelagert und wiederaufbereitet werden, liegen im Bezirk Tscheljabinsk, rund 2000 Kilometer östlich von Moskau.
Erinnerung an Katastrophe vor 25 Jahren
Die Anlage war 1957 Schauplatz der grössten Atomkatastrophe vor Tschernobyl (Ukraine) im Jahr 1986. Damals starben nach offiziellen Angaben 200 Menschen. Die radioaktive Strahlung verseuchte ein Gebiet von etwa 100 Quadratkilometern.
Am Sonntag hatte Katastrophenschutzminister Sergej Schoigu bereits die verstärkte Brandbekämpfung in der Nähe des Atomforschungszentrums Sneschinsk ebenfalls im Ural angeordnet.
In der vergangenen Woche hatten die Brände das wichtigste Atomwaffen-Forschungszentrum bei Sarow, etwa 500 Kilometer östlich der Hauptstadt Moskau, bedroht.
Sarow, das in der Region von Nischni Nowgorod liegt, werde in vier gefährdeten Bereichen weiter beobachtet, «wo weiter Brandgefahr besteht», teilte am Montag der Sprecher der staatlichen Atombehörde Rosatom, Sergej Nowikow, mit.
Todesrate verdoppelt
Grosse Sorge bereitete die Gesundheit der Menschen in den betroffenen Gebieten. In Moskau stand weiter giftiger Smog über der Stadt, der in den Augen beisst und die Atmung erschwert. Der Smog sei auch wegen des mangelnden Sauerstoffs in der Luft vor allem für Menschen mit Herz-Kreislaufproblemen gefährlich, sagte Pawel Loginow, Mediziner der Europa-Klinik in Moskau.
Die Sterblichkeitsrate in der russischen Hauptstadt schnellte im Vergleich zum Saisondurchschnitt auf fast das Doppelte. Derzeit würden jeden Tag 700 Todesfälle gemeldet, sagte der Leiter der städtischen Gesundheitsbehörde, Andrej Selzowki, der Nachrichtenagentur RIA Nowosti. Normalerweise würden in der russischen Hauptstadt zwischen 360 und 380 Menschen täglich sterben.
Gefahr von Epidemien
Auch Epidemien werden nach Einschätzung der Gesundheitsbehörden immer wahrscheinlicher. Deren Chef, Gennadi Onischtschenko, teilte mit, «die Kontrolle ansteckender Krankheiten wird verstärkt». Grund sei eine Zunahme von Magen-Darm-Grippen und die verschlechterte Wasserqualität in 52 von 83 russischen Regionen.
«Wir fürchten, dass aus Südostasien oder Pakistan die Cholera zu uns dringt», sagte Onischtschenko laut Interfax. Die Lebensmittelversorgung solle kontrolliert werden, auch solle Trinkwasser in die Orte geliefert werden, wo die Brunnen versiegt seien.
Ausgelöst wurden die Waldbrände durch eine beispiellose Hitzewelle mit Temperaturen, die sich seit Wochen den 40 Grad Celsius annähern. Der Chef des russischen Wetterdienstes, Alexander Frolow, sprach am Montag von einer Jahrtausendhitze.
AFP/sda/sam/bru
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