Nebenverdienst in der Sonne
Johlende Fans, farbige Hüte und geschminkte Gesichter: Was im Schatten der Weltmeisterschaft in Bern sonst noch in Bewegung ist, zeigt ein Augenschein vor der Eishalle im Wankdorf und auf dem Campingplatz Eichholz.
Es könnte Sommer sein: Die Sonne scheint, die Menschen tragen T-Shirts und Sonnenbrillen. Und sie strömen in die Eishalle im Berner Wankdorf. Darunter sind auch ausgefallene Gestalten. Es dominiert Rot-Weiss: Hüte, T-Shirts und geschminkte Gesichter – für die Schweiz.
So patriotisch der Anblick, so zurückhaltend die Antworten der Fans: Er trage den Hut seiner Freundin. Warum? Nur so, irgendetwas müsse man ja anziehen, meint ein junger Fan, der mit einem Freund unterwegs ist. Beide sind überzeugt, dass die Schweizer siegen werden. Beide werden im Verlauf des Abends enttäuscht. «Einfach so», rechtfertigen drei Thuner ihre nicht minder ausgefallene Kopfbedeckung. Die Hörner stünden für die Schweiz, ebenso wie Kühe, Käse, Joghurt und Toblerone. «Wir haben Hörner montiert, weil Joghurtbecher nicht so gut aussehen würden», meint Patrick Kobel. «Und ja, wir gehen an jedes WM-Spiel.»
In der vermeintlichen Ferienstimmung werden eifrig Geschäfte gemacht: Für 250 Franken verkauft ein junger Mann Karten für die erste Liga. Er kaufe die Tickets vor dem Eingang und verkaufe sie später mit Gewinn weiter. «An einem guten Tag ist es möglich, bis zu 1500 Franken zu verdienen», sagt er. Heute laufe es nicht so toll. Er habe zu wenig Karten eingekauft, zudem gebe es ziemlich viele Händler. Zwei Jugendliche wollen Tickets für Stehplätze: «Hundert Franken pro Billett», meint der Verkäufer. Die junge Frau schüttelt ungläubig den Kopf, sie hätte einen Hunderter für drei Karten ausgegeben. Mittlerweile ist schon viertel vor vier – noch eine halbe Stunde bis zum Spielbeginn. «Ich muss los», sagt der Verkäufer, «schon bald ist Geschäftsschluss.»
Auch anderorts wird fleissig gearbeitet, etwa auf dem Campingplatz Eichholz: Der Wohnwagenpark und die Zimmer seien ausgebucht, meint Beat Müller, Anlagechef des Campingplatzes. «Die meisten Gäste kommen aus Deutschland, wir beherbergen auch Schweden, Russen oder Letten. Die Stimmung ist gut.» Wer hingegen mit dem Zelt kommt, kann sich seinen Platz auf der weiten Wiese frei wählen – etwa Rolf Zöbeli aus Dübendorf. Er hat eine Woche Ferien eingegeben, um an dem Grossanlass als Volontär mitzuhelfen. «Dieser Einsatz ist mit einer RS-Überlebenswoche vergleichbar», sagt er. Es sei viel zu kalt im Zelt, und auch das stundenlange Herumstehen sei ermüdend.
«Ich bin ein eingefleischter Fan: Seit 1990 gehe ich an jede WM», erzählt Zöbeli – und man glaubt ihm sofort, dass er es gerne tut. Hier in Bern arbeite er von 14 Uhr bis Mitternacht. «Ich kontrolliere die Taschen am Eingang. Dabei gibt es eigentlich keine Probleme, ausser mit Betrunkenen, aber das ist ja überall der Fall», meint er. Das Mühsamste an der Arbeit sei, nach den Spielen das Stadion zu putzen. «Genau in dem Moment, wenn du sowieso schon müde bist, musst du am meisten leisten.» Nach Heimspielen sehe es jeweils am schlimmsten aus: Die Schweizer Fans seien natürlich zahlreicher vertreten als die ausländischen; aber sie ässen auch mehr. «Da kauft sich fast jeder noch ein Bier und eine Bratwurst.»
Angst vor der Schweinegrippe habe er nicht. In dieser Woche habe er ausser Eishockey nicht viel von der Welt mitbekommen. Wie viel er für ein Ticket ausgibt, wenn er nicht arbeitet? «Rund zwanzig Franken, ich kaufe sie immer auf dem Schwarzmarkt vor dem Stadion.»
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