Nationalrat dreht Jungparteien den Geldhahn zu
Juso, JSVP und Co. sollen keine staatlichen Gelder mehr erhalten. Das hat der Nationalrat beschlossen. Der Anstoss dazu kam ausgerechnet von den Jungfreisinnigen.

Wer schlägt schon gerne eine Regel vor, die einem selber schadet? Die Jungfreisinnigen tun es. Sie stecken hinter einem Vorstoss, den der Nationalrat am Mittwoch angenommen hat. Das Ziel: Jungparteien und andere Organisationen «mit politischen Zielsetzungen» sollen keine staatlichen Subventionen mehr erhalten.
Eingereicht hat die parlamentarische Initiative SVP-Nationalrat Gregor Rutz. Eine Parteienfinanzierung sei in der Schweiz nicht bekannt, schreibt Rutz in der Begründung. Entsprechende Vorschläge seien wiederholt verworfen worden.
Jungfreisinnige profitieren
Etwas direkter drückt sich Andri Silberschmidt aus, Präsident der Jungfreisinnigen: «Es ist nicht die Aufgabe des Steuerzahlers, Jungparteien zu finanzieren.» Das Milizsystem der Schweiz basiere auf Freiwilligenarbeit; dazu gehöre auch, selber Geld für die eigenen Aktivitäten aufzutreiben.
Zumindest im letzten Jahr gehörten die Jungfreisinnigen allerdings zu jenen Parteien, die von den Bundesbeiträgen «für ausserschulische Jugendarbeit» am meisten profitierten. Neben den Jungparteien finden sich vor allem Vereine wie die Pfadi oder Cevi auf der Liste.
Von den Jungparteien erhielten 2017 mit 65'000 Franken einzig die Jungsozialisten mehr Geld als die Jungfreisinnigen, die 63'000 Franken überwiesen bekamen. Es folgen die JSVP (52'000 Franken), die JCVP (50'000 Franken) und die Jungen Grünen (44'000 Franken). Geld floss auch an den Schweizerischen Gewerkschaftsbund (38'000 Franken), die Gewerkschaft Syna (20'000 Franken) oder die Unia Jugend (46'000 Franken).
Ein Zehntel des Budgets
Weil sich unter den Empfängern viele linke Organisationen befinden, sieht Juso-Präsidentin Tamara Funiciello im Vorstoss einen Versuch, die Linke zu schwächen. Anders als die Jungfreisinnigen könnten Jungsozialisten und Gewerkschaften nicht auf die finanzielle Unterstützung von Banken und Grosskonzernen zählen, sagt Funiciello. «Doch wir lassen uns nicht mundtot machen.»
Bei den Juso macht der Bundesbeitrag zwar lediglich ein Zehntel des Budgets aus. Eingesetzt wird er hauptsächlich «für inklusive Projekte» wie die Übersetzung von Publikationen auf Französisch und Italienisch oder Rhetorikkurse und Medienschulungen für Frauen.
Weniger Frauen in der SP
Würde der Bundesbeitrag ausbleiben, wären die Folgen dennoch spürbar, meint Funiciello. «Die aktive Frauenförderung ist mit ein Grund, warum wir in den meisten Kantonen Politikerinnen im Co-Präsidium haben.» Bliebe das aus, würde sich das längerfristig auch auf nationaler Ebene in der SP bemerkbar machen – weil die Frauen fehlten.
Überhaupt sei es heuchlerisch, wenn die Rechte dauernd den Untergang des Milizsystems beklage und gleichzeitig jene Organisationen schwäche, die sich für ein grösseres Engagement von Jugendlichen einsetzten.
Zudem, sagt Funiciello, sei der Vorstoss so schwammig formuliert, dass am Ende auch Vereine wie die Pfadi von einer Streichung der Bundesgelder betroffen sein könnten. «Die setzen sich ja auch für die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund ein – da stellt sich die Frage, ob das nicht ebenfalls politisch ist.»
Crowdfunding statt Staatsgelder
Silberschmidt bestreitet das. «Die Jugendförderung soll weiterhin bestehen, das stellen wir nicht infrage.» Für die Jungfreisinnigen selber hätte eine Annahme des Vorstosses ebenfalls Konsequenzen, fiele damit doch rund ein Drittel ihrer Einnahmen weg. Silberschmidt beunruhigt das nicht. «Natürlich bedeutet das für uns mehr Aufwand», sagt er. «Aber wir können das durch ein Crowdfunding bei unserer Basis wettmachen.»
Juso-Präsidentin Funiciello tröstet sich derweil damit, dass der Vorstoss im Ständerat kaum Chancen hat. Darauf deutet zumindest die Abstimmung in der ständerätlichen Kommission hin, die dem Vorhaben bereits im Februar 2017 eine deutliche Absage erteilt hat: Mit 7 zu 3 Stimmen lehnte sie das Geschäft damals ab.
Eine Annahme ist deshalb kaum wahrscheinlich, wenn sich die staatspolitische Kommission demnächst ein zweites Mal damit befassen muss.
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