Napolitanos «Pause der Reflexion»
Weil seine Amtszeit bald abläuft, kann der italienische Staatschef keine Neuwahlen einberufen. Welchen Ausweg wählt Napolitano nun? Italienische Medien spekulieren.

Italien wartet in der seit Wochen dauernden Regierungskrise auf eine Entscheidung von Staatspräsident Giorgio Napolitano. Nachdem am Freitag letzte Sondierungen gescheitert waren, einen Weg aus der Patt-Situation im Parlament zu finden, hatte Napolitano eine «Pause der Reflexion» eingelegt.
Er könnte jetzt eine «Regierung des Präsidenten» anstreben und eine überparteiliche Persönlichkeit von anerkanntem Format beauftragen, sich dem Vertrauensvotum des Parlaments zu stellen.
Spekulationen über Rücktritt
Spekuliert wurde am Samstag in italienischen Medien aber auch, dass der Staatschef vorzeitig abtreten könnte. Das 87-jährige Staatsoberhaupt habe diese Möglichkeit ins Spiel gebracht, um die Parteien zu zwingen, sich zumindest auf eine Übergangsregierung vor möglichen Neuwahlen zu einigen, heisst es in mehreren Zeitungen. Napolitano wies die Spekulationen nach Erscheinen der Zeitungsberichte aber zurück. Er sagte in Rom, er werde seine Verantwortung bis zum Ende seines Mandats am 15. Mai wahrnehmen.
Sollte Napolitano noch kurz vor dem Ende seiner siebenjährigen Amtszeit am 15. Mai zurücktreten, müsste das Parlament vorzeitig einen neuen Staatschef wählen. Dieser könnte dann eine neue Regierungsbildung beauftragen oder das Parlament auflösen und vorgezogene Neuwahlen für Juni oder Juli ansetzen. Napolitano selbst kann dies derzeit nicht tun: Gemäss der italienischen Verfassung kann das Staatsoberhaupt das Parlament innerhalb der sechs Monate vor Ablauf seines Mandats nicht auflösen. Der Prozess zur Wahl von Napolitanos Nachfolger durch das Parlament soll nach bisheriger Planung am 15. April beginnen.
«Mission impossible»
Im Gegensatz zu früheren Wahlen gibt es bislang keinen eindeutigen Favoriten für Napolitanos Nachfolger. Die Zeitung «La Repubblica» schrieb, der altehrwürdige Präsident stehe vor einer wirklichen «Via crucis» (Kreuzweg). In anderen Zeitungen war von Napolitanos «Mission impossible» oder von «Lähmung wegen gegenseitiger Vetos» die Rede. Napolitano könnte auch noch eine «Regierung des Präsidenten» anstreben und beispielsweise einen überparteilichen Politiker mit der Bildung einer breiten Mehr-Parteien-Koalition beauftragen.
Eine weitere Lösung bliebe eine Regierung aus Fachleuten, ähnlich wie die des scheidenden Regierungschefs und ehemaligen EU-Kommissars Mario Monti. Napolitano hatte bislang eine Minderheitsregierung ebenso wie Neuwahlen als Ausweg aus der Sackgasse abgelehnt.
Zweite Runde gescheitert
Die zweite Runde der Konsultationen für eine Regierungsbildung, die Napolitano selbst übernommen hatte, war am Freitagabend gescheitert. Der Staatschef liess erklären, dass er nun eine «Bedenkzeit» einlege. Zuvor waren bereits die sechstägigen Sondierungsgespräche des Chefs der Mitte-links-Allianz, Pier Luigi Bersani, ergebnislos zu Ende gegangen. Der rechtskonservative Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi erneuerte am Freitag sein Angebot zu einer Koalition mit Bersani, was dieser erneut ablehnte.
Berlusconi, der an der Spitze des Rechtsbündnisses zwischen seiner Partei Volk der Freiheit (PdL) und der Lega Nord steht, soll Bersani ausserdem angeboten haben, eine Minderheitsregierung unter dessen Führung zu tragen. Im Gegenzug hätte sich Bersani mit dem Rechtsbündnis auf einen Kandidaten für die Präsidentschaft einigen müssen. Bersani, der Chef der Demokratischen Partei (PD), habe sich darauf aus Rücksicht auf seine Anti-Berlusconi-Wählerschaft jedoch nicht einlassen können, hiess es in Medienberichten.
Bersani bemühte sich stattdessen um ein Regierungsbündnis mit der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung des Starkomikers Beppe Grillo, bei dem er jedoch auf taube Ohren stiess. Die sogenannten Grillini lehnten erneut jegliches Bündnis mit den etablierten Parteien ab und erklärten sich stattdessen bereit, eine eigene Minderheitsregierung zu bilden. Bersanis Mitte-links-Bündnis war aus der Parlamentswahl Ende Februar als stärkste Kraft hervorgegangen. Es verfügt über die absolute Mehrheit im Abgeordnetenhaus, hat aber keine gesicherte Mehrheit im Senat.
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