
Die erste physische Kunstmesse seit dem Beginn des Viruswahnsinns in New York fand Anfang Mai statt, es war die Frieze. Sie war aus diversen Gründen erfreulich – weil endlich! Weil überhaupt! Aber vor allem: Weil man da noch die Maske trug.
Ja, liebe Demonstranten aus St. Gallen und Urnäsch, den Corona-Regeln kann auch Gutes abgewonnen werden. Die Mundschutzpflicht etwa hat in gewissen urbanen Nischen, wie Kunstmessen oder Vernissagen, durchaus ihre Anhänger. Hier einige Gründe:
1. Thon-Canapés vor der Vernissage. Sonst ein grosses No-go. Fisch, Zwiebeln usw. Mit der feinporigen FFP-2 dafür: überhaupt keine Sache. Bon appetit!
2. Unliebsame Begegnungen. Es ist einfach leichter, Menschen mit Maske zu ignorieren. Im Fall eines Augenkontakts ist die Ausrede auch schon da: «Ich habe dich mit dem Ding glatt nicht erkannt!»
3. Small Talk. Belanglosigkeiten nerven, aber zum Glück klingt «Don’t you think this blue is absolutely amazing» durch drei Schichten Stoff wie «Bm uu dnk ss blz bstly meez» und muss nicht beantwortet werden.
4. Verlogene Schmeicheleien? Mit Maske kein Problem. Die Lügen erkennt man vor allem an der Nicht-Übereinstimmung von Augen- und Mund-Mimik. Hauptsache also strahlender Blick. Die sarkastische Grimasse bleibt unter dem Mundschutz verborgen.
5. Die lästige Lippenstiftfrage. Heute edles Altrosa oder Paloma-Picasso-Rot? Und passt das zu den Schuhen? Mit Maske: eh egal. Wimpern kräftig getuscht und ready to go.

Doch leider, zumindest hier in New York, ist es mit dieser Herrlichkeit fast schon vorbei. Seit Präsident Joe Biden die Pflicht für Geimpfte aufgehoben hat, fällt auf, wer sie anhat. Und man riskiert – o Schreck – für einen dumpfen Impfverweigerer gehalten zu werden. Geniesst es also, Kunstfreunde in der Schweiz, so lange es dauert. Und glaubt mir aufs Wort: Ein entblösstes Untergesicht kann sich schmerzhaft nackt anfühlen.
Physische Kunstmessen: Art Basel Hong Kong (bis 23. Mai, mit Maske), Art Basel in Basel (23. bis 26. September, vielleicht ohne?)
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Kolumne «Nachspiel» – Nackt ohne Maske
In New York darf man bald wieder ohne Maske an Kunstanlässe – das hat auch Nachteile, findet unsere Kolumnistin.