Auto fuhr in MenschenmengeNach Freispruch: «Amokfahrer» muss vors Obergericht
Ein Mann türkischer Abstammung fuhr vor sechs Jahren an einer Demo mit einem Auto in einer Gruppe von Kurden. Jetzt muss er vor das Berner Obergericht.

Das Berner Obergericht wird sich mit dem Fall des Türken beschäftigen, der 2015 am Rand von zwei Kundgebungen mit seinem Auto in eine Gruppe von Kurden fuhr. Die Berner Staatsanwaltschaft hat gegen den Freispruch des Mannes vom Juni dieses Jahres Berufung eingelegt.
Das gab der Informationsbeauftragte der Berner Generalstaatsanwaltschaft, Christof Scheurer, am Dienstag auf Anfrage bekannt.
Das Regionalgericht Bern-Mittelland hatte im Juni den heute 46-jährigen Türken, einen IV-Rentner aus dem Raum Zürich, von mehreren Vorwürfen freigesprochen. Angeklagt war er insbesondere der eventualvorsätzlich versuchten Tötung. Der Gerichtspräsident sagte damals, der Mann habe sich mit seiner Fahrt zwar rechtswidrig verhalten, doch habe er nicht schuldhaft gehandelt, weil er sich – nach massiven Angriffen von Kurden, welche sein Auto stoppten – in einem entschuldbaren Notstand befunden habe. Die Staatsanwaltschaft hatte eine achtjährige Freiheitsstrafe beantragt.
Das Berner Obergericht wird den Berufungsprozess frühestens im Dezember durchführen: Auf den Verhandlungsprogrammen von Oktober und November erscheint der Fall noch nicht.
Demo und Gegendemo
Der Vorfall ereignete sich am Rand einer bewilligten Kundgebung von Türken und einer unbewilligten Gegenkundgebung von Kurden in Bern. Damals herrschte in Nordirak Krieg zwischen der türkischen Armee und kurdischen Kämpfern der PKK. Die Wogen gingen auch in der Schweiz hoch.
Der türkische Fahrer geriet zusammen mit einem zweiten türkischen Autolenker auf der Berner Schwellenmattstrasse zufällig in eine Gruppe von kurdischen Demonstranten. Diese erkannten die Türken an ihrer Kleidung und griffen die Insassen der beiden Autos massiv an.
Kriechend konnte sich der vom Gericht freigesprochene Türke in sein Auto retten und den Angreifern davonfahren. Unten an der Aare wendete er sein Auto und fuhr dieselbe Strasse wieder hoch – um sich in Sicherheit zu begeben, wie das Gericht urteilte. Ein Polizist hatte oben am Helvetiaplatz die ortsunkundigen Türken auf die Schwellenmattstrasse geschickt. Der erheblich verletzte Türke wollte laut Gericht zur Polizei zurück.
Mit einer Geschwindigkeit von rund 30 Kilometern pro Stunde, so das Gericht, erfasste das Auto mehrere Kurden und verletzte zwei von ihnen erheblich. Der Fahrer sah bei dieser Fahrt wegen einer kaputten Brille und wegen der beschädigten Frontscheibe laut Gericht fast nichts.
Die Bilder der weggeschleuderten Kurden machten damals in den Sozialen Medien die Runde. Der Vorfall wurde auch als «Amokfahrt» bezeichnet.
SDA/ps
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