Mysteriöse Erhöhung der Stimmbeteiligung
Kurz nach der kantonalen Abstimmung vom 4. März hat sich die Höhe der Stimmbeteiligung verändert. Was ist da los?

Aufgefallen ist es wahrscheinlich niemandem. Ausser ein paar Fans, die jeden Tag die Website des Kantons Bern anklicken und dort die Abstimmungsergebnisse studieren. Für die beiden Abstimmungen zum Tram Bern–Ostermundigen und zum Lehrplan veröffentlichte der Kanton am Abstimmungstag unterschiedlich hohe Stimmbeteiligungen: 49,8 Prozent für die Lehrpläne und 49 Prozent für das Tram. Anderthalb Wochen später waren die Zahlen plötzlich nicht mehr die gleichen: Für beide Urnengänge wies der Kanton nun Stimmbeteiligungen von 51,6 Prozent aus.
Ein Stimmzettel, unterschiedliche Stimmbeteiligung?
Wie ist das möglich? Stutzig geworden war die eine oder der andere vielleicht schon am Abstimmungssonntag. Beide Vorlagen waren ja auf dem gleichen Stimmzettel. Und demnach sollte auch die Stimmbeteiligung für beide Vorlagen die gleiche sein. Denn um diese zu bestimmen, werden sämtliche Stimmzettel gezählt und mit der Gesamtzahl der Stimmberechtigten verrechnet. Dabei werden auch die ungültigen Zettel berücksichtigt – also solche, die mit Tramzeichnungen oder Fluchwörtern ergänzt wurden –, ebenso wie die leer eingelegten.
Telefonische Übermittlung
Der Grund für die Abweichung ist technischer Natur. Laut Stefan Wyler, Leiter Politische Rechte beim Kanton Bern, hängt die Differenz mit dem Übertragungssystem der Ergebnisse zusammen. Am Wahlsonntag übermitteln die Gemeinden telefonisch oder per Fax bloss die Anzahl Ja- und Nein-Stimmen an die Regierungsstatthalterämter, wo die beiden Zahlen ins Informatiksystem eingegeben werden. Die Zahl der leeren und ungültigen Stimmzettel wird von den Gemeinden nicht übermittelt. Die Stimmbeteiligung kann am Abstimmungstag daher nur aufgrund der Ja- und Nein-Stimmen ausgerechnet werden. Aus diesem Grund ergeben sich in aller Regel auch Differenzen zwischen den einzelnen Vorlagen.
Das definitive Ergebnis wird von der Staatskanzlei erst in den Folgetagen aufgrund der schriftlichen Protokolle ermittelt, welche die Gemeinden erstellt haben. Diese Protokolle weisen nun auch die leeren und ungültigen Stimmzettel aus. Die Stimmbeteiligung berechnet sich nun aufgrund der Gesamtheit der eingelangten Stimmzettel und erhöht sich dadurch leicht. Und vor allem: Für alle Vorlagen, die sich auf dem gleichen Stimmzettel befinden, ist die Stimmbeteiligung nun gleich. Aufgeschaltet werden die definitiven Resultate in der Regel anderthalb Wochen nach einer Abstimmung.
Im November ein neues System
Laut Stefan Wyler steht bei diesem System bald eine Änderung bevor. Im November sollen die Gemeinden ihre Resultate erstmals selber ins Informatiksystem eingeben können. Dabei wird gleich das komplette Ergebnis – also inklusive leerer und ungültiger Zettel – erfasst. Die Stimmbeteiligung wird somit von Anfang an korrekt ausgewiesen. Für die neue Wahl- und Abstimmungslösung hat der Regierungsrat bereits letztes Jahr einen Kredit von 830'000 Franken bewilligt.
Das neue Übermittlungssystem lasse primär präzisere Resultate erwarten, sagt Wyler. «Es entfällt eine Schnittstelle – und damit eine Fehlerquelle.» Eine Erhöhung des Tempos bei den Auszählungen sei dabei nicht im Vordergrund gestanden. Wenn es irgendwo in einer Gemeinde ein Problem gebe, werde man auch künftig auf Endresultate warten müssen.
Als Bremgarten die Spitzenposition verlor
Die kleinen Differenzen bei den Stimmbeteiligungen zwischen dem provisorischen und dem definitiven Ergebnis spielen in der Praxis kaum eine Rolle. Die Veränderungen fallen deshalb auch nicht auf – ausser vor zwei Jahren bei der Abstimmung über die Durchsetzungsinitiative. Nach dem Abstimmungssonntag konnte sich Bremgarten bei Bern als die Gemeinde mit der höchsten Stimmbeteiligung im Kanton Bern feiern. Sie lag bei 75,3 Prozent. Als die Redaktion der Lokalzeitung einen Artikel über die Rekordmarke verfassen wollte und sich vor der Publikation nochmals auf der Website des Kantons vergewisserte, stand Bremgarten plötzlich nicht mehr an der Spitze. Das bernjurassische Champoz war nun der Stimmbeteiligungs-Champion – mit 77,2 Prozent. Den Ausschlag hatten fünf leere Zettel gegeben.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch