Mit Stil, Klasse und Kummer
Es gibt zwei neue Lieder von Züri West zu bestaunen. Eine traurige Ballade und einen ebenso traurigen Rocksong. Die Freude daran ist gross. Und am 14. Juli spielt die Band am Gurtenfestival.
Die Grossmeister der digitalen Vermarktung waren sie noch nie. Doch in ihrem Fall ist das anscheinend verkraftbar: Züri West haben heute zwei neue Lieder ins Internet gestellt. Einfach so. Ohne Vorankündigung, ohne Brimborium. Doch da ihr Publikum einmal mehr dazu verdonnert war, fast fünf Jahre lang auf neue Musik zu warten, wird sich das schnell herumsprechen. Das Interesse an Züri West welkt nie, es befindet sich bloss öfter im Standby-Modus.
Apropos Standby-Modus. In diesem befinden sich auch die Protagonisten im höchst erfreulichen, munter getakteten neuen Züri-Song« Schachtar gäge Gent». Es geht um die Vereinzelung zu zweit. Ein Paar hat entschieden, dass es besser ist, nicht mehr miteinander zu reden. Weil das Reden bloss alles schlimmer macht. Und so sitzt man vor dem Fernseher, zieht sich ein absolut bedeutungsloses Fussballspiel rein, um am Ende zu konstatieren, dass da ein Tag mehr verstrichen ist, an dem man sich nicht getrennt hat. Dazu heulen die Gitarren und der Beat poltert im schnörkellosen Viervierteltakt.
Das Video dazu ist in trübem Schwarzweiss gehalten. Kuno Lauener spaziert unfroh und mit hochgestecktem Mantelkragen durch verlassene Begegnungszonen einer Bümplizer Hochhaussiedlung. Seine Band ist auch da und beobachtet stoisch das bekümmerte Treiben. Es sind zwei neue Gesichter auszumachen: Zum einen Manuel Häfliger, der ehemalige Gitarrist der Gruppe Phon Roll und langjährige Büronachbar an der Züri-West-Homebase. Er ersetzt Tom Etter, von dem man weiss, dass er sich mit der niedrigen Veröffentlichungskadenz von Züri West schon länger schwer getan hat. Und da ist Wolfgang Zwiauer, der neuerdings den Bass bedient – ein offener, jazzgeschulter Geist, der die Extreme liebt: Er fühlte sich bis anhin beim Heimatliedermacher Tinu Heiniger genau so wohl wie beim Jazz-Dadaisten Andreas Schärer.
Das zweite Stück, das Züri West heute vorgestellt hat heisst «Schatteboxe». Eine sowohl poetisch wie musikalisch sorgfältig dahingetupfte Trennungsballade mit gefühliger Pianobegleitung und einem Kuno, der für einmal mehr singt als spricht. Grossartig ist das alles. Musikalische Verkrampfungen (die es bei Züri West durchaus auch schon gegeben hat) sind nicht auszumachen. Stilistisch nimmt man Bezug auf das Vorgängeralbum «Göteborg» und zelebriert die hohe Kunst des schnörkellosen, unkomplizierten Erwachsenenpopsongs mit Stil, Klasse und einem ganzen bisschen Kummer.
Die Züri-West-Maschine ist wieder angeworfen: Am 23. März erscheint das neue Züri-West-Album mit dem verheissungsvollen Namen «Love», am 18. und 19. Mai gastiert die Band damit im Bierhübeli. Und sie wird diesen Sommer wohl so ziemlich jedes helvetische Openair bespielen – am 14. Juli unter anderem das Gurtenfestival.
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